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Nov 26, 2022Liked by Petra Erler

Zwei Tage nach dem Jubiläum ist es Ihnen gelungen, das neue Leuchtturmwärterin-Jahr mit einem absolut glänzenden Artikel einzuleiten. Tausend Dank für diesen so wichtigen und nachdenkenswerten Beitrag! Der mir (unter anderem) unter der Zwischenüberschrift „Wir müssen Zuhören lernen“ zeigt, was sein könnte, wenn... ja, wenn die Geschicke unseres Landes und unseres Kontinents in den Händen kluger, besonnener, offener, friedliebender, um Konfliktbewältigung und Sicherheit bemühter Menschen läge statt in denen zweifelhafter katzbuckelnder Ideologen und Karrieristen.

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Liebe Petra Erler, danke für die Decodierung des US-Sprechs, mit dem Sachverhalte, die wenig mit Moral und Ethik, dafür aber umso mehr mit knallharten Interessen zu tun haben, so offensichtlich verschwurbelt werden. Eigentlich gibt es Ihrem Beitrag - wieder einmal - nichts hinzu zu fügen. Eigentlich. Denn uneigentlich bleibt eine unbeantwortete, ja vielleicht sogar unbeantwortbare Frage: Wenn Tatsachen, Fakten und Zusammenhänge so evident sind - wie kann es sein, dass die gesamte Kaste von Politik und Medien sich sehenden Auges in den Schwitzkasten des großen „Bruders“ begibt? (In der DDR wurde häufig über das abhängige Verhältnis zu Moskau gelästert: Was ist uns die Sowjetunion - Bruder oder Freund? Antwort: Bruder, weil, einen Freund kann man sich aussuchen, den Bruder nicht.) Nun, die Bundesregierung spricht im Gegensatz zur DDR-Führung bezüglich zur UdSSR stets von einem Freund, wenn es um die USA geht (außer es passiert ein Ausrutscher wie Trump), verhält sich aber, als ob die USA ein gottgegebener „Bruder“ wären, zu dessen Wünschen es selbstverständlich keine Alternative gibt.

Sie bemerken richtig, dass die Betonung auf der Unverzichtbarkeit der „einzigartigen Nation“ notwendigerweise die Verzichtbarkeit anderer Nationen impliziert, weil ihnen das Merkmal der Einzigartigkeit fehlt. Das ist Zynismus, der sich selbst enttarnt. Das Paradoxe: Soweit die Verzichtbarkeit widerständige Nationen (wie etwa Chile, Kuba, Iran oder Russland und China) betrifft, die sich dem US-Diktat widersetzen, ergibt der US-Zynismus aus der Sicht der USA Sinn: Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns, ist ergo verzichtbar. Was sich aber nicht erklären lässt, jedenfalls nicht rational, ist, dass formal souveräne Regierungen von sich aus de facto die Verzichtbarkeit ihrer Nation, Interessen und Belange erklären (weil, das Große Ganze, was immer das sein soll, zählt mehr) und gleichzeitig Führungsanspruch in Europa, ja sogar weltweit beanspruchen. Größenwahn meets Komplex der Minderwertigkeit. Das ist eine Kombination, aus der keine stringente Politik entstehen kann. Gibt es Hoffnung? Vielleicht! Abba Eban, einstiger Außenminister Israels, wird der Satz zugeschrieben, dass Nationen irgendwann das Richtige tun, nachdem sie alles Falsche versucht haben. Wenn es so ist, dann haben wir allerdings kaum noch Zeit.

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Naja, was soll man sagen? Mit dem politischen Personal, dass Deutschland im Moment regiert, ist ein selbstbewusstes Auftreten gegenüber den USA sehr unwahrscheinlich. Und in der Opposition sieht es nicht besser aus. Die USA führen Europa ja immer wieder vor, dass es für sie nur ein Vasall ist. "Ich führe, du hast zu folgen. Wie das läuft, wenn man nicht folgt hat Werner Weidenfeld (ehem. Amerikakoordinator der Bundesregierung) schon 2013 erklärt: https://www.youtube.com/watch?v=bDmSg1MZ_co.

Europa als Geisel der USA empfindet auch noch Sympathie für das Verhalten der Land der Freiheit, oder zumindest Ausflüchte dafür, warum es so sein muss, wie es ist - das kann man als Stockholm-Syndrom bezeichnen. Ich bin gespannt, wann die europäischen Sterne in die US-Flagge integriert werden als neue Bundesstaaten der USA. Bis dahin singen wir dann mit Rammstein mit: "We all living in Amerika! Amerika! Ist wunderbar!" (https://www.youtube.com/watch?v=Rr8ljRgcJNM)

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Vielleicht klingt die Frage, die mich immer wieder beschäftigt, in den Ohren der meisten sehr naiv. Aber da es heißt, es gebe keine dummen Fragen, sei sie hier gestellt: Was würde denn konkret passieren, wenn Deutschland seinen außenpolitischen Kurs änderte und einen anderen Weg einschlüge, weg vom USA-Vasallentum, weg von der blau-gelben Kostümierung von der Leyens? Weg von diesem klebrigen, liebedienernden Rattenschwanz (der mich immer ein bisschen an “Die Goldene Gans“ erinnert, ganz zu unrecht eigentlich, denn im Märchen, wo das witzig war, versuchte schließlich jeder, sich nach Möglichkeit von dieser Abhängigkeit zu lösen).

Kurzum: Was würden wir eigentlich riskieren, wenn wir eine selbstbestimmte, deeskalierende, auf unseren Interessen basierende Außenpolitik einschlügen?

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Guten Tag, Frau Erler,

freut mich zu sehen und zu lesen, dass Sie Ihrem geerdeten Weg treu geblieben sind.

Mit besten Grüßen

Hardy Koch

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Nov 27, 2022·edited Nov 27, 2022

Ja, so ernst ist es. Und ich frage mich auch, warum sehen das viele nicht. Es gibt noch immer so viele verständnislose Reaktionen, wenn man auf die USA verweist. Es ist so schlüssig - man muss nur hinsehen, sich erinnern, nachlesen. Und solche Beiträge lesen. Eine Art Emanzipationsbewegung wäre gut. Sie wird kommen. Nur wann und wodurch. - Und dann, hierzulande ist der Mensch nicht besser, Andienerei unter eine macht hat lange Tradition und setzt ja entsprechende Muster voraus. Auch hierzulande weiß der Mensch immer mit großer Sicherheit, wie es anderswo ist und trägt Bilder und Urteile vor sich her, hinter denen er das Bild von sich selbst, als besser gestellt, als einer von denen, die auf der besseren seite stehen, aufrecht erhält. - Deshalb ist mir der letzte Absatz so wichtig. Zuhören lernen. Sehen lernen. Sich und alles andere immer wieder in Frage stellen. Mir sagen: Ich weiß das meiste eben nicht - also muss ich fragen und sehen und zuhören. Auch mir selbst und den inneren vorgefertigten Sätzen anfangen zu misstrauen. Danke für den Beitrag.

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