Danke, liebe Angie. Inzwischen habe ich dazu gelernt, WIE S-300 konkret funktionieren: Sie erfassen mit einem Radarstrahl anfliegende Waffen, suchen das/ die Ziele aus und los gehts. Verfehlen sie das Ziel, gibt es einen Selbstvernichtungsmechanismus, der ausgelöst werden kann. Daraus folgt: Entweder war die ukrainische Mannschaft völlig unfähig/betrunken/übermüdet usw. und hat in die falsche Richtung (Westen) losgeschossen, denn die russischen Raketen fliegen von Osten an), dann noch versucht, die Waffen zu vernichten, was auch nicht klappte (alter sowjetischer Schrott; eine Rakete, die in Polen niederging, zündete tatsächlich garnicht, und der ukrainische Präsident hat den Unfall umgehend "nur" politisch zu Lasten der Russen benutzt. Oder aber die "missgeleitete" Rakete war nicht missgeleitet.
Das jetzige Geschrei um neue Luftabwehrsysteme, die bis in die Ukraine hineinreichen, tut weiter so, als wäre es doch eine russische Rakete gewesen. Was uns im Ergebnis wieder einen Schritt näher an eine direkte Kriegsbeteiligung heranführen würde.
Eine Anmerkung zu "Den meisten, die vom imperialen Ausdehnungswahn Russlands nach Europa schwadronieren [...], scheint das auch nicht klar."
Die militärisch haushohe Überlegenheit der NATO im konventionellen Bereich wird regelmäßig belegt vom "International Institute for Strategic Studies" (IISS). Wolfgang Schwarz hat dazu kürzlich im Blättchen 2022/7 einen Artikel geschrieben [1]. Nach eigenen Angaben ist das IISS "unabhängig", wird aber von Regierungen der NATO-Länder und auch von Rüstungsunternehmen (Lockhead Martin) finanziert [2] und dürfte über jeden Zweifel der Russophilie erhaben sein. Man darf also davon ausgehen, dass das Kräfteverhältnis allen "Sicherheitsexperten" und Entscheidungsträgern in den NATO-Ländern bekannt ist.
Dies führt zu der schizophrenen SItuation, dass es alle wissen, aber niemand sagen darf, denn sonst fiele ja das in Dauerschleife wiederholte Bedrohungsszenario mit den angeblichen imperialen russischen Absichten auseinander, mit dem der Öffentlichkeit die gigantische Aufrüstung schmackhaft gemacht wird.
(Obwohl ich mich gerade frage, ob das IM AUGENBLICK alles richtig abbildet - nach all den Hilfslieferungen für die Ukraine - es sieht doch so aus, dass überall die Waffen ausgehen...)
Auf den NDS ist ein sehr interessantes Interview von Aaron Mate mit Mac Gregor. Der gehört seit Monaten zu den Militärexperten, die immer wieder warnen: Militärische Abenteuer mit Russland und China laufen nicht - bzw. es geht schon, aber die USA siegen nicht. Also warum sich im kleinen Deutschland auf diesen Aufrüstungspfad überhaupt begeben?
"Also warum sich im kleinen Deutschland auf diesen Aufrüstungspfad überhaupt begeben?"
Das ist eine Frage, die viele Aspekte hat: Welche Gründe gibt es für die Aufrüstung In D und die massive Truppenpräsenz der USA? Welche Konsequenzen hat das und wem nützen sie, wem schaden sie? Wieso entscheidet sich die Bundesregierung für Aufrüstung und für die gleichzeitige Konfrontation mit Russland und China? Wie ist es möglich, dass in einer repräsentativen Demokratie, die Repräsentanten in wesentlichen Punkten gegen den Mehrheitswillen entscheiden *)? Das schaffe ich nicht, in einem Kommentar zu behandeln...
*) Dazu gibt es eine sehr bemerkenswerte Rede von Angela Merkel, die darin sogar einen Vorteil (sic!) der repräsentativen gegenüber der direkten Demokratie sah: "Wir können im Rückblick auf die Geschichte der Bundesrepublik sagen, dass all die großen Entscheidungen keine demoskopische Mehrheit hatten, als sie gefällt wurden. Die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft, die Wiederbewaffnung, die Ostverträge, der Nato-Doppelbeschluss, das Festhalten an der Einheit, die Einführung des Euro und auch die zunehmende Übernahme von Verantwortung durch die Bundeswehr in der Welt – fast alle diese Entscheidungen sind gegen die Mehrheit der Deutschen erfolgt. Erst im Nachhinein hat sich in vielen Fällen die Haltung der Deutschen verändert. Ich finde es auch vernünftig, dass sich die Bevölkerung das Ergebnis einer Maßnahme erst einmal anschaut und dann ein Urteil darüber bildet. Ich glaube, das ist Ausdruck des Primats der Politik. Und an dem sollte auch festgehalten werden." (Rede am 3. März 2010 zur Vorstellung des Allensbacher Jahrbuchs der Demoskopie in Berlin)
Der unbedingte Wille der US-Regierung, diesen Krieg trotz aller offensichtlichen Risiken auf Biegen und Brechen fortzusetzen, zeugt von der höchst gefährlichen und vermutlich nicht sonderlich realistischen Annahme, ihn auch letztlich gänzlich im eigenen Sinn - sprich mit einem Diktatfrieden gegen Russland - beenden zu können. Es ist jedoch kein Widerspruch dazu, auch eine andere Exegese zu denken: Den westlichen Protagonisten scheint es inzwischen zu dämmern, dass auch wenn sich die russische Annahme einer schnellen Ausschaltung der Ukraine als unsinkbarer Flugzeugträger des Imperiums als falsch erwiesen hat, umgekehrt der Krieg ohne permanente Eskalation für den Wertewesten verloren ist. Also wird eskaliert, denn die Alternative wäre das Eingeständnis, dass die Krim und der Donbas Teil Russlands bleiben. Wenn deren „Befreiung“ durch die Ukraine ausfällt, dann ist es gerade diese implizit eingestandene Aussichtslosigkeit des eigenen Handelns, die Washington und Kiew offensichtlich antreibt, propagandistisch auf die Fortsetzung des Krieges bis zum vollständigen Sieg zu beharren, um die Offensichtlichkeit des Scheitern wenigstens aufzuschieben. Barbara Tuchman, die Grand Dame der populärwissenschaftlichen Geschichtsschreibung, hat dem Thema ein ganzes Buch gewidmet. In „Die Torheit der Regierenden“ ist zu lesen: „Engstirnigkeit, die Quelle der Selbsttäuschung, ist ein Faktor, der eine überaus wichtige Rolle in der Politik spielt. Sie besteht darin, eine Situation nach vorgefassten, festen Anschauungen einzuschätzen und gegenteilige Anzeichen zu missachten oder zu verleugnen. Daraus erwächst ein Wunschhandeln, das sich von den Tatsachen nicht beirren lässt.“
Danke, lieber Kostas Kipuros! Der Vorfall hat mE tatsächlich gezeigt, dass die US auf jeden Fall die direkte militärische Konfrontation mit Russland vermeiden wollen. Deshalb wurden auch alle, die schon in den Startlöchern saßen und "Bündnisfall" für gegeben ansahen, zurückgepfiffen. Aber unterhalb dessen wird der Krieg mit härtesten Badagen geführt....Es lohnt sich, mal sich diesen Redeausschnitt von Senator Mc Cain, DEM Vertreter der amerikanische Vorherrschaft, aus dem Jahr 1999 durchzulesen: da ist alles drin, was heute eine Rolle spielt
"I have spoken before about the unique “unipolar moment” in world affairs for the United States, and the necessity to extend this period of American preeminence for as long as we possibly can. In a remarkably changed world, and on the eve of the next American century, our core strategic interests, like our founding ideals, remain constant: protecting our homeland and hemisphere from external threats; preventing the domination of Europe by a single power; strengthening our alliances; securing access to energy resources; and sustaining stability in the Pacific Rim."
"Also marschieren sie, Polen und die drei baltischen Republiken allen voran, an vorderster Front, wenn es um die Konfrontation mit Russland geht. Sie wollen die militärische Auflösung des Konflikts und damit auch ihre Ängste vor Russland und ihre Ängste, allein im Regen zu stehen, ein für alle Mal loswerden."
Dass danach ihre Länder so wenig wieder zu erkennen sein werden, ebenso wie jetzt schon große Teile der Ukraine, nehmen sie dabei offenbar sehenden Auges in Kauf. Man fragt sich immer wieder, welche Interessen da im Spiel sind, denn die der einfachen Menschen können es nie und nimmer sein. Die werden bloß als Kanonenfutter verheizt und letztlich ist es ihnen wurscht, unter welchen korrupten Oligarchen sie ihr Leben führen müssen, sie teilen mehr Interessen mit den einfachen Menschen auf der Gegenseite als mit mit ihren kriegstreibenden und kriegsgeilen Eliten, deren Söhne (und Töchter) nicht in den Kriegen verheizt werden. Besonders deutlich wurde das bei dem Bericht aus dem ersten Weltkrieg, als die gegnerischen Soldaten der Briten und Deutschen zusammen Weihnachten feierten. https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachtsfrieden_(Erster_Weltkrieg)
Und genau deshalb auch diese unfassbare Propagandaflut.
Wieder mal ein Glanzstück an Analyse, liebe Frau Erler.
Danke, liebe Columba, für Ihr großes Lob. Im INTERESSE von Polen und den drei Balten lägen gute Beziehungen zu allen ihren Nachbarn. Aber komplexe geschichtliche Erfahrungen sowie ideologische Manipulationen ("Programmierungen") gibt es eben auch. Daraus können Blindheit und Fanatismus erwachsen. Und das ist ja nicht auf die vier Länder beschränkt. (Im deutschen Interesse liegen auch gute Beziehungen zu ALLEN europäischen Landern). Diese vier jedoch bräuchten am dringendsten gute Freunde, die Verständnis, Geduld und Ehrlichkeit aufbringen. Die haben sie aber nicht. Es gibt ja im Westen schon kaum Verständnis, was für komplizierte Prozesse die friedlichen Revolutionen in Gang setzten, einschließlich in Russland. Das wird alles durch ideologische Brillen gefiltert.
Aber vieles hat Wurzeln, die über hunderte von Jahren reichen, die in Menschen und deren Familiengeschichten fortleben. Wir sitzen also im kleinen Europa dicht an dicht gedrängt, mit all unseren Verschiedenheiten. Die USA sind weit genug weg, um sich politisch unbekümmerter verhalten zu können, im positiven wie im negativen Sinn. Die interessieren sich immer nur für selbst, und Ozeane getrennt/ geschützt vorm Rest der Welt (was eine sehr priviligierte Situation ist).
Ich finde die Analyse ebenfalls interessant und in weiten Teilen zutreffend. Hinsichtlich russischer Entwickungen in der Zukunft bin ich allerdings skeptisch, weil dort nicht einmal mehr genügend Elektronik für ABS in der Fahrzeugproduktion vorhanden ist. Zahlenmäßig war die Sowjetarmee der NATO bis 1990 weit überlegen, jeder Insider wusste allerdings, dass das "eiifzienzbereinigt" ganz anders aussah. Und da liegt die eigentliche Schwäche, die Russland ab dem 24.2.22 offenbart hat: Im konventionell militärischen. Problematisches Material, problematische Führung und dazu völlig unmotivierte Mannschaften. Das wäre NATO-seitig ganz anders, weil es etwas zu verteidigen gibt. Heute mehr denn je. Denn Russland hat nach Syrien in der Ukraine wiederholt klargemacht, wie russische "Befreiung" aussieht. Weswegen die wirklich niemand will.
Lässt sich das heutige Elend in Syrien wirklich primär der russischen Mitlitärpräsenz anlasten? Gibt es da nicht andere, gewichtegere Gründe, z.B. die umfassenden Sanktionen, oder die Besetzung eines Teils des Landes durch US-Truppen, insbesondere der Ölquellen? Dass es hierzulande möglich ist, diese Punkte auszublenden oder nicht einmal zu kennen, zeigt, dass die mediale "Zustimmungsfabrikation" (nach Herman & Chomsky: "Manufacturing Consent", 1988) gut funktioniert.
Und wenn die Geschichten des Twitter-Mädchens im Syrienkrieg *) den Kampfeswillen stärken, dann haben deren Ghostwriter gute Arbeit im Sinne ihrer Auftraggeber geleistet. Was wir m.E. aber bräuchten wäre nicht eine Stärkung des Willens zum Kampf, sondern des Willens zum Frieden. Auch weil wir uns eine Situation nicht leisten können, in der wir nur einen Fehlalarm von einem Atomkrieg entfernt sind.
Langsam aber sicher bekomme ich das Gefühl, dass die ukrainische Regierung auf diese Art und Weise die Umsetzung der Versprechen erzwingen will, die ihr vor dem russischen Angriff hinter verschlossenen Türen gegeben werden.
Die ukrainische Regierung wurde von den USA getäuscht. Und schlägt jetzt um sich.
Ich bin mir nicht sicher, lieber Hajo Zeller. Biden hat immer eindeutig eine Grenze gezogen im letzten Herbst - keine NATO in einem militärischen Konflikt in der Ukraine. Es könnte ja auch so sein, dass alle glaubten, alles über Russland zu wissen (Tankstelle mit Schnee), politisch isoliert sein würde, daher die Wirkung ihrer drastischen Sanktionen (Russland ruinieren) völlig fehleinschätzten und glaubten, dass die russicher Armee noch so schlecht ist, wie sie es in den 90er Jahren war (Sautruppe, schlecht geführt ohne Moral, keine Ausrüstung usw.) - Sozusagen das politische Versprechen eines Spaziergangs? (Denn die ukrainische Armee ist ohne jeden Zweifel ohne die Nazis darin- eine gute, NATO-trainierte Armee). Das scheint mir so, wie die Kommunikation lief/ noch läuft wahrscheinlicher. Ändert aber nichts daran, dass ich Ihr Gefühl teile, dass Kiew was erzwingen will (was es nicht bekommt, siehe schneller Besuch des britischen Premiers in Kiew).
Aktuell werden die Hyperschallwaffen der Russen an die Armee ausgeliefert - als Putin sie 2019 öffentlich machte, war die US-Reaktion im ganzen Spektrum zwischen "kann nicht sein" und "kein großes Ding". Tatsächlich kann sie keiner abfangen.
Hochinteressante Analyse, vielen Dank!!!
Danke, liebe Angie. Inzwischen habe ich dazu gelernt, WIE S-300 konkret funktionieren: Sie erfassen mit einem Radarstrahl anfliegende Waffen, suchen das/ die Ziele aus und los gehts. Verfehlen sie das Ziel, gibt es einen Selbstvernichtungsmechanismus, der ausgelöst werden kann. Daraus folgt: Entweder war die ukrainische Mannschaft völlig unfähig/betrunken/übermüdet usw. und hat in die falsche Richtung (Westen) losgeschossen, denn die russischen Raketen fliegen von Osten an), dann noch versucht, die Waffen zu vernichten, was auch nicht klappte (alter sowjetischer Schrott; eine Rakete, die in Polen niederging, zündete tatsächlich garnicht, und der ukrainische Präsident hat den Unfall umgehend "nur" politisch zu Lasten der Russen benutzt. Oder aber die "missgeleitete" Rakete war nicht missgeleitet.
Das jetzige Geschrei um neue Luftabwehrsysteme, die bis in die Ukraine hineinreichen, tut weiter so, als wäre es doch eine russische Rakete gewesen. Was uns im Ergebnis wieder einen Schritt näher an eine direkte Kriegsbeteiligung heranführen würde.
Eine Anmerkung zu "Den meisten, die vom imperialen Ausdehnungswahn Russlands nach Europa schwadronieren [...], scheint das auch nicht klar."
Die militärisch haushohe Überlegenheit der NATO im konventionellen Bereich wird regelmäßig belegt vom "International Institute for Strategic Studies" (IISS). Wolfgang Schwarz hat dazu kürzlich im Blättchen 2022/7 einen Artikel geschrieben [1]. Nach eigenen Angaben ist das IISS "unabhängig", wird aber von Regierungen der NATO-Länder und auch von Rüstungsunternehmen (Lockhead Martin) finanziert [2] und dürfte über jeden Zweifel der Russophilie erhaben sein. Man darf also davon ausgehen, dass das Kräfteverhältnis allen "Sicherheitsexperten" und Entscheidungsträgern in den NATO-Ländern bekannt ist.
Dies führt zu der schizophrenen SItuation, dass es alle wissen, aber niemand sagen darf, denn sonst fiele ja das in Dauerschleife wiederholte Bedrohungsszenario mit den angeblichen imperialen russischen Absichten auseinander, mit dem der Öffentlichkeit die gigantische Aufrüstung schmackhaft gemacht wird.
[1] https://das-blaettchen.de/2022/07/zur-konventionellen-ueberlegenheit-der-nato-gegenueber-russlandnebst-einigen-anmerkungen-fuer-den-kriegsfall-62243.html
[2] https://www.iiss.org/governance/funding---research-and-conference-activities
Sehr interessante links, lieber Krysztof - DANKE
(Obwohl ich mich gerade frage, ob das IM AUGENBLICK alles richtig abbildet - nach all den Hilfslieferungen für die Ukraine - es sieht doch so aus, dass überall die Waffen ausgehen...)
Auf den NDS ist ein sehr interessantes Interview von Aaron Mate mit Mac Gregor. Der gehört seit Monaten zu den Militärexperten, die immer wieder warnen: Militärische Abenteuer mit Russland und China laufen nicht - bzw. es geht schon, aber die USA siegen nicht. Also warum sich im kleinen Deutschland auf diesen Aufrüstungspfad überhaupt begeben?
"Also warum sich im kleinen Deutschland auf diesen Aufrüstungspfad überhaupt begeben?"
Das ist eine Frage, die viele Aspekte hat: Welche Gründe gibt es für die Aufrüstung In D und die massive Truppenpräsenz der USA? Welche Konsequenzen hat das und wem nützen sie, wem schaden sie? Wieso entscheidet sich die Bundesregierung für Aufrüstung und für die gleichzeitige Konfrontation mit Russland und China? Wie ist es möglich, dass in einer repräsentativen Demokratie, die Repräsentanten in wesentlichen Punkten gegen den Mehrheitswillen entscheiden *)? Das schaffe ich nicht, in einem Kommentar zu behandeln...
*) Dazu gibt es eine sehr bemerkenswerte Rede von Angela Merkel, die darin sogar einen Vorteil (sic!) der repräsentativen gegenüber der direkten Demokratie sah: "Wir können im Rückblick auf die Geschichte der Bundesrepublik sagen, dass all die großen Entscheidungen keine demoskopische Mehrheit hatten, als sie gefällt wurden. Die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft, die Wiederbewaffnung, die Ostverträge, der Nato-Doppelbeschluss, das Festhalten an der Einheit, die Einführung des Euro und auch die zunehmende Übernahme von Verantwortung durch die Bundeswehr in der Welt – fast alle diese Entscheidungen sind gegen die Mehrheit der Deutschen erfolgt. Erst im Nachhinein hat sich in vielen Fällen die Haltung der Deutschen verändert. Ich finde es auch vernünftig, dass sich die Bevölkerung das Ergebnis einer Maßnahme erst einmal anschaut und dann ein Urteil darüber bildet. Ich glaube, das ist Ausdruck des Primats der Politik. Und an dem sollte auch festgehalten werden." (Rede am 3. März 2010 zur Vorstellung des Allensbacher Jahrbuchs der Demoskopie in Berlin)
Der unbedingte Wille der US-Regierung, diesen Krieg trotz aller offensichtlichen Risiken auf Biegen und Brechen fortzusetzen, zeugt von der höchst gefährlichen und vermutlich nicht sonderlich realistischen Annahme, ihn auch letztlich gänzlich im eigenen Sinn - sprich mit einem Diktatfrieden gegen Russland - beenden zu können. Es ist jedoch kein Widerspruch dazu, auch eine andere Exegese zu denken: Den westlichen Protagonisten scheint es inzwischen zu dämmern, dass auch wenn sich die russische Annahme einer schnellen Ausschaltung der Ukraine als unsinkbarer Flugzeugträger des Imperiums als falsch erwiesen hat, umgekehrt der Krieg ohne permanente Eskalation für den Wertewesten verloren ist. Also wird eskaliert, denn die Alternative wäre das Eingeständnis, dass die Krim und der Donbas Teil Russlands bleiben. Wenn deren „Befreiung“ durch die Ukraine ausfällt, dann ist es gerade diese implizit eingestandene Aussichtslosigkeit des eigenen Handelns, die Washington und Kiew offensichtlich antreibt, propagandistisch auf die Fortsetzung des Krieges bis zum vollständigen Sieg zu beharren, um die Offensichtlichkeit des Scheitern wenigstens aufzuschieben. Barbara Tuchman, die Grand Dame der populärwissenschaftlichen Geschichtsschreibung, hat dem Thema ein ganzes Buch gewidmet. In „Die Torheit der Regierenden“ ist zu lesen: „Engstirnigkeit, die Quelle der Selbsttäuschung, ist ein Faktor, der eine überaus wichtige Rolle in der Politik spielt. Sie besteht darin, eine Situation nach vorgefassten, festen Anschauungen einzuschätzen und gegenteilige Anzeichen zu missachten oder zu verleugnen. Daraus erwächst ein Wunschhandeln, das sich von den Tatsachen nicht beirren lässt.“
Danke, lieber Kostas Kipuros! Der Vorfall hat mE tatsächlich gezeigt, dass die US auf jeden Fall die direkte militärische Konfrontation mit Russland vermeiden wollen. Deshalb wurden auch alle, die schon in den Startlöchern saßen und "Bündnisfall" für gegeben ansahen, zurückgepfiffen. Aber unterhalb dessen wird der Krieg mit härtesten Badagen geführt....Es lohnt sich, mal sich diesen Redeausschnitt von Senator Mc Cain, DEM Vertreter der amerikanische Vorherrschaft, aus dem Jahr 1999 durchzulesen: da ist alles drin, was heute eine Rolle spielt
"I have spoken before about the unique “unipolar moment” in world affairs for the United States, and the necessity to extend this period of American preeminence for as long as we possibly can. In a remarkably changed world, and on the eve of the next American century, our core strategic interests, like our founding ideals, remain constant: protecting our homeland and hemisphere from external threats; preventing the domination of Europe by a single power; strengthening our alliances; securing access to energy resources; and sustaining stability in the Pacific Rim."
https://webarchive.loc.gov/all/20060301054720/http://mccain.senate.gov/index.cfm?fuseaction=Newscenter.ViewPressRelease&Content_id=795
Das alles ist nun fast 30 Jahre in die Köpfe so vieler getröpfelt. Danke auch für den Buchtip!
Wie immer: klar und gut recherchiert und deshalb eine große Hilfe!
"Also marschieren sie, Polen und die drei baltischen Republiken allen voran, an vorderster Front, wenn es um die Konfrontation mit Russland geht. Sie wollen die militärische Auflösung des Konflikts und damit auch ihre Ängste vor Russland und ihre Ängste, allein im Regen zu stehen, ein für alle Mal loswerden."
Dass danach ihre Länder so wenig wieder zu erkennen sein werden, ebenso wie jetzt schon große Teile der Ukraine, nehmen sie dabei offenbar sehenden Auges in Kauf. Man fragt sich immer wieder, welche Interessen da im Spiel sind, denn die der einfachen Menschen können es nie und nimmer sein. Die werden bloß als Kanonenfutter verheizt und letztlich ist es ihnen wurscht, unter welchen korrupten Oligarchen sie ihr Leben führen müssen, sie teilen mehr Interessen mit den einfachen Menschen auf der Gegenseite als mit mit ihren kriegstreibenden und kriegsgeilen Eliten, deren Söhne (und Töchter) nicht in den Kriegen verheizt werden. Besonders deutlich wurde das bei dem Bericht aus dem ersten Weltkrieg, als die gegnerischen Soldaten der Briten und Deutschen zusammen Weihnachten feierten. https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachtsfrieden_(Erster_Weltkrieg)
Und genau deshalb auch diese unfassbare Propagandaflut.
Wieder mal ein Glanzstück an Analyse, liebe Frau Erler.
Danke, liebe Columba, für Ihr großes Lob. Im INTERESSE von Polen und den drei Balten lägen gute Beziehungen zu allen ihren Nachbarn. Aber komplexe geschichtliche Erfahrungen sowie ideologische Manipulationen ("Programmierungen") gibt es eben auch. Daraus können Blindheit und Fanatismus erwachsen. Und das ist ja nicht auf die vier Länder beschränkt. (Im deutschen Interesse liegen auch gute Beziehungen zu ALLEN europäischen Landern). Diese vier jedoch bräuchten am dringendsten gute Freunde, die Verständnis, Geduld und Ehrlichkeit aufbringen. Die haben sie aber nicht. Es gibt ja im Westen schon kaum Verständnis, was für komplizierte Prozesse die friedlichen Revolutionen in Gang setzten, einschließlich in Russland. Das wird alles durch ideologische Brillen gefiltert.
Aber vieles hat Wurzeln, die über hunderte von Jahren reichen, die in Menschen und deren Familiengeschichten fortleben. Wir sitzen also im kleinen Europa dicht an dicht gedrängt, mit all unseren Verschiedenheiten. Die USA sind weit genug weg, um sich politisch unbekümmerter verhalten zu können, im positiven wie im negativen Sinn. Die interessieren sich immer nur für selbst, und Ozeane getrennt/ geschützt vorm Rest der Welt (was eine sehr priviligierte Situation ist).
Für mich drängen sich eher Parallelen zum sogenannten "Winterkrieg", dem Überfall Stalins auf das vermeintlich unterlegene Finnland, auf:
https://de.wikipedia.org/wiki/Winterkrieg
Ich nehme angesichts der zahlreichen Parallelen auch an, dass es ähnlich ausgehen wird.
Krieg der USA gegen Russland – von langer Hand geplant
Die oberflächliche Glaubensvorgabe vom Krieg Russlands gegen die arme Ukraine, die uns von der „Schutzmacht“ USA durch ihre deutschen medialen Sprachrohre unaufhörlich einsuggeriert wird, weicht gleich einer etwas anderen Beurteilung, wenn man den Hintergründen der imperialistischen Geopolitik der USA etwas nachspürt. Sie liegt offen zutage und wird von den US-Eliten überhaupt nicht geheim gehalten. Und amerikanische alternative Medien legen den Finger auf die entscheidenden Nachweise. https://fassadenkratzer.wordpress.com/2022/11/21/krieg-der-usa-gegen-russland-von-langer-hand-geplant/comment-page-1/?unapproved=33573&moderation-hash=b3b69e8d5871e0798052d9b9ff0020df#comment-33573
Secret War
Summary: Security cooperation programs have led U.S. forces into unauthorized hostilities alongside foreign partners. Congress must curb this dangerous and undemocratic practice. https://www-brennancenter-org.translate.goog/our-work/research-reports/secret-war?_x_tr_sl=en&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=wapp
Ich finde die Analyse ebenfalls interessant und in weiten Teilen zutreffend. Hinsichtlich russischer Entwickungen in der Zukunft bin ich allerdings skeptisch, weil dort nicht einmal mehr genügend Elektronik für ABS in der Fahrzeugproduktion vorhanden ist. Zahlenmäßig war die Sowjetarmee der NATO bis 1990 weit überlegen, jeder Insider wusste allerdings, dass das "eiifzienzbereinigt" ganz anders aussah. Und da liegt die eigentliche Schwäche, die Russland ab dem 24.2.22 offenbart hat: Im konventionell militärischen. Problematisches Material, problematische Führung und dazu völlig unmotivierte Mannschaften. Das wäre NATO-seitig ganz anders, weil es etwas zu verteidigen gibt. Heute mehr denn je. Denn Russland hat nach Syrien in der Ukraine wiederholt klargemacht, wie russische "Befreiung" aussieht. Weswegen die wirklich niemand will.
Lässt sich das heutige Elend in Syrien wirklich primär der russischen Mitlitärpräsenz anlasten? Gibt es da nicht andere, gewichtegere Gründe, z.B. die umfassenden Sanktionen, oder die Besetzung eines Teils des Landes durch US-Truppen, insbesondere der Ölquellen? Dass es hierzulande möglich ist, diese Punkte auszublenden oder nicht einmal zu kennen, zeigt, dass die mediale "Zustimmungsfabrikation" (nach Herman & Chomsky: "Manufacturing Consent", 1988) gut funktioniert.
Und wenn die Geschichten des Twitter-Mädchens im Syrienkrieg *) den Kampfeswillen stärken, dann haben deren Ghostwriter gute Arbeit im Sinne ihrer Auftraggeber geleistet. Was wir m.E. aber bräuchten wäre nicht eine Stärkung des Willens zum Kampf, sondern des Willens zum Frieden. Auch weil wir uns eine Situation nicht leisten können, in der wir nur einen Fehlalarm von einem Atomkrieg entfernt sind.
*) https://www.heise.de/tp/features/Das-Twitter-Maedchen-im-Syrienkrieg-3703634.html?seite=all
Vielen Dank, lieber Max - Ja, die Zukunft wird uns zeigen, wo wir richtig und wo wir falsch lagen.
Langsam aber sicher bekomme ich das Gefühl, dass die ukrainische Regierung auf diese Art und Weise die Umsetzung der Versprechen erzwingen will, die ihr vor dem russischen Angriff hinter verschlossenen Türen gegeben werden.
Die ukrainische Regierung wurde von den USA getäuscht. Und schlägt jetzt um sich.
Ich bin mir nicht sicher, lieber Hajo Zeller. Biden hat immer eindeutig eine Grenze gezogen im letzten Herbst - keine NATO in einem militärischen Konflikt in der Ukraine. Es könnte ja auch so sein, dass alle glaubten, alles über Russland zu wissen (Tankstelle mit Schnee), politisch isoliert sein würde, daher die Wirkung ihrer drastischen Sanktionen (Russland ruinieren) völlig fehleinschätzten und glaubten, dass die russicher Armee noch so schlecht ist, wie sie es in den 90er Jahren war (Sautruppe, schlecht geführt ohne Moral, keine Ausrüstung usw.) - Sozusagen das politische Versprechen eines Spaziergangs? (Denn die ukrainische Armee ist ohne jeden Zweifel ohne die Nazis darin- eine gute, NATO-trainierte Armee). Das scheint mir so, wie die Kommunikation lief/ noch läuft wahrscheinlicher. Ändert aber nichts daran, dass ich Ihr Gefühl teile, dass Kiew was erzwingen will (was es nicht bekommt, siehe schneller Besuch des britischen Premiers in Kiew).
Aktuell werden die Hyperschallwaffen der Russen an die Armee ausgeliefert - als Putin sie 2019 öffentlich machte, war die US-Reaktion im ganzen Spektrum zwischen "kann nicht sein" und "kein großes Ding". Tatsächlich kann sie keiner abfangen.