Defence news berichtete am 31.10. unter Bezug auf anonyme Hinweise aus dem Pentagon, dass aktives militärisches Personal der USA in der Ukraine wäre, weit weg vom Frontverlauf, „nur“ um sicherzustellen, dass die US-Waffen auch ihre Bestimmung erreichen (und nicht in Schwarzmarktkanälen verschwinden).
Am 1. November gab es dann ein Pentagon-Briefing. Brigadegeneral Ryder informierte. Unter Führung des US-Militärattachés würde nun militärisches Personal, das formell der US-Botschaft in der Ukraine zugeordnet ist, begleitet von US-Marines, Inspektionsaufgaben durchführen. In der Ukraine.
Er versicherte, die US-Soldaten würden nicht in der Nähe der Frontlinie agieren. Das wären keine Kampftruppen. Die Kämpfe würden die Ukraine und weitere „Partner“ erledigen. Wer die anderen „Partner“ sind, blieb offen.
Der Brigadegeneral geriet ein bisschen ins Schwimmen, als es um die Rolle der US-Marines ging, ob und wie die die ganze neue Operation absichern sollen.
Indirekt gab er zu, dass das Pentagon mit der Ukraine an der Integration der verschiedenen neu gelieferten Luftabwehrsysteme aus der NATO arbeitet, denn es wären keine angeheuerten Berater, die das machten.
Zum Nachlesen (in Englisch)
https://www.defense.gov/News/Transcripts/Transcript/Article/3206756/pentagon-press-secretary-air-force-brig-gen-pat-ryder-holds-an-on-camera-press/
Zum Nachhören, ebenfalls in Englisch, ab Min 12
Das alles war fast zu erwarten, weil sich der alte Biden schon im Februar während seines Besuchs bei den US-Truppen in Polen verplappert hatte (Min 1:57) – Ihr werdet es ja sehen, wenn Ihr da seid….
Damals stellte das Weiße Haus allerdings umgehend klar: Nein, keine US-Truppen in die Ukraine und betonte, das könnte, so wie auch die Lieferung schwerer Waffen, als Beginn des 3. Weltkrieges interpretiert werden.
Im April berichtete Times von der Präsenz von britischen Special Forces in der Ukraine.
https://www.thetimes.co.uk/article/sas-troops-are-training-local-forces-in-ukraine-32vs5bjzb
Erst im Oktober, durch Aspekte eines Berichts des Intercept, wurden die Konturen des direkten US-Engagements in der Ukraine etwas klarer (es gab viel Spekulation).
Die Rede war nun von einer geheimen Verfügung Bidens, die der CIA verdeckte Aktionen in der Ukraine erlaube. Die CIA hätte sich nie, entgegen der offiziellen Darstellung, völlig aus der Ukraine zurückgezogen.
https://theintercept.com/2022/10/05/russia-ukraine-putin-cia/
Jetzt folgte eine offizielle Verlautbarung aus dem Pentagon. US-boots on the ground? Ja, aber auch wieder nicht so ganz.
Gemessen an den ursprünglichen offiziellen US-Ansagen ist der Konflikt in der Ukraine inzwischen auf bestem Wege, zum Dritten Weltkrieg zu entarten.
Nur ganz am Rande:
Biden erzählte den in Polen stationierten US-Soldaten damals ebenfalls, er wäre auf dem Maidan gewesen, als der frühere ukrainische Anführer (Janukowitsch) „sich verabschieden musste“. (Minute 1:23).
Nichts davon stimmt.
Janukowitsch hielt sich noch in der Ukraine auf, als er unter Bruch der entsprechenden Verfassungsbestimmungen abgesetzt wurde.
Biden wiederum war in diesen Tagen nicht in der Ukraine. Dort verhandelten drei EU-Außenminister um eine politische Lösung (und bestanden anschließend nicht auf ihrer Verwirklichung).
https://www.dw.com/de/vermittlungsversuche-der-eu-am-rande-des-schlachtfelds/a-17448207
Biden telefonierte neunmal mit Janukowitsch. Frau Nuland (die Karriereleiter raufgefallen und schon wieder zuständig für die Ukraine) erklärte damals ihrem US-Kollegen in Kiew, wie die „Geburtshilfe“ für die Nach-Maidan-Zeit der Ukraine vor sich gehen sollte, und was sie in dem Zusammenhang von der EU hielt („Fuck the EU.“)
Biden besuchte die Ukraine erst im April 2014. Über seine Involvierung in die damaligen Geschehnisse in der Ukraine berichtete AP im Februar 2014.
https://www.denverpost.com/2014/02/24/joe-biden-is-at-the-center-of-us-diplomacy-in-ukraine/
Besagter AP-Artikel erinnerte allerdings auch daran, was der frühere US-Verteidigungsminister Gates über Bidens außenpolitische Leistungen zu sagen hatte:
(He had been)„wrong on nearly every major foreign policy and national security issue over the past four decades.”
(Er lag in den letzten vier Jahrzehnten in fast allen wichtigen Fragen der Außenpolitik und der nationalen Sicherheit falsch.)
Nun ist Biden “Commander in Chief“.
Manche erinnert er in bisschen an „El Cid“, was ich überhaupt nicht verstehe.
Der tote, aufs Pferd gebundene Charlton Heston war die reine Augenweide, so stolz und schön und herzergreifend; El Cid, der über den Tod hinaus die Seinen zum Sieg führt…
Das war so Hollywood.
In der Abwesenheit von Hollywood ist das Heute banal, hässlich, ungerecht, dreckig und angsteinflößend.
Aber das Heute, die Realität, fördert auch die Lügen zutage. Das ist eine Chance. Wer die Wahrheit erkennt, kann die Welt zum Besseren verändern.
"Im Angesicht des Bösen reicht eben guter Wille nicht aus."
Da können "die Guten" schon mal bis zum Äußersten gehen und riskieren, dass uns Europa, wenn nicht die ganze Welt um die Ohren fliegt. Wo ist das Problem? Schließlich kann es ja nur ein einziges Mal passieren.
US-Truppen oder deren private Söldnerdienste im Auftrag des Präsidenten oder einer seine zahlreichen Geheimdienste toben sich seit Jahren in vielen Ländern aus, um dem Wertewesten und seiner Freiheitsideale zur Verbreitung zu helfen. Teilweise geheim, teilweise ganz offen gehen sie dort ihrer „Arbeit“ nach. Ganz sicher gehören viele arabische Länder dazu – Syrien zweifelsfrei. In diversen failed states Afrikas dürfte dies ebenfalls so sein.
Kürzlich veröffentlichte der 'Congressional Research Service' unter dem Titel "Instances of Use of United States Armed Forces Abroad, 1798-2022" eine Liste der US-Militärinterventionen seit 1798. Dabei ging es nur um nicht verdeckte Operationen; zu den 469 kommen demnach weitere hinzu, deren Zahl Fachleuten wohl bekannt ist, die jedoch nicht öffentlich genannt wird. Man tut, was man kann, der guten – amerikanischen – Sache zum Erfolg zu verhelfen. Im Zweifelsfall dienen alle Aktionen der Freiheit des Westens und unserer Sicherheit.
Ob die Staaten, die Ziel der Operationen waren oder sind, hierzu gefragt wurden oder werden, darf grundsätzlich in Zweifel gezogen werden. Ein Weg findet sich immer. Auch in der Ukraine. Dass die Taktzahl der Interventionen nach dem Ende des kalten Kriegs deutlich zugenommen hat, ist ebenfalls bemerkenswert und könnte darauf hindeuten, dass der kalte Krieg nur für Optimisten, Unbedarfte und in Sonntagsreden vorüber war. Für die „special operation guys“ jedenfalls nicht.
Noch vor Beginn seiner Präsidentschaft hatte Jo Biden seine Vorstellung von der Bedeutung eines gestärkten US-Militärs in der Zeitschrift Foreign Affairs unterstrichen und betont, dass die USA die Welt zu führen habe. (“America must lead the world again”.) Typisch in dem Artikel, wenn auch nur eine Nebensache, dass immer nur die eigenen Opfer zählen.
“It is past time to end the forever wars, which have cost the United States untold blood and treasure.”
Hinsichtlich der Opfer dürfte das auch für die Menschen in der Ukraine gelten, die jetzt täglich sterben. US-Berater, US-Söldner und deren Expertise und Technik ändern das Schlachten nicht - sie erhöhen nur die Intensität. Vielleicht wird später jemand wie Madeleine Albright wieder sagen, das war es uns wert. Wenn, wird es ganz sicher ein Amerikaner sein... Warum darüber hier so wenig geredet wird, bleibt mir ein Rätsel…