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Jan 14Liked by Petra Erler

Sehr multiperspektivisch und ausgewogen. Dennoch muss man Südafrikas Mut begrüssen, was immer für historische Altlasten und Ressentiments eine Rolle gespielt haben mögen. Ein kleiner Riss mehr in der medial vermittelten hochmoralinsauren und rundum geframten Sauberwelt.

Insgesamt bleibt das grösste Problem die Spaltungsmaschine, die in permanente Diffamierung und Ausgrenzung mündet. Wer versucht, einen halbwegs klaren Blick auf den Palästinkonflikt zu werfen oder Menschenrechte und Blutzoll ins Spiel bringt, ist sogleich in der Nazi- und Schwurblerschublade eingesperrt. Bei den laufenden Bauernprotesten läuft es ähnlich. Wer Farbe bekennt und sich positioniert wird entweder geframt, gelöscht, diffamiert, mundtot gemacht oder rechtlich belangt. Auch hier werden Angst- und Drohkulissen aufgebaut. Letztendlich bleibt jedem Einzelnen nur, die Komfortzone zu verlassen und die grassierende Angstmache und Einschüchterung zu ignorieren. Wie Sie dies in Ihren sehr lesenswerten Artikeln auch tun. Vielen Dank!

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Jan 14Liked by Petra Erler

Wunderbarer Text. Danke. Wenn wir uns nur genau darauf besinnen könnten, alle, dass alles im Leben Frieden braucht, dass jeder Mensch für sich und die seinen Frieden und Sicherheit wünscht, um sich entwickeln zu können und eine Zukunft zu ermöglichen. Auch die Klimaveränderungen des Planeten brauchen friedliche Lösungen und gemeinsame Bemühungen. All das ist zigtausendmal, ach, was sage ich milliardenfach von Menschen ausgesprochen worden, sind Konfliktlösungen der friedichen Art entwickelt worden... - "...doch die Verhältnisse, die sind nicht so." lässt Brecht seinen Peachum sagen. Ich habe noch immer die Hoffnung, dass die friedliebenden Menschen einmal so stark werden, dass sie es sind, die die Verhältnisse in ihre Hände nehmen.

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Jan 15·edited Jan 15Liked by Petra Erler

Mich würde ja mal interessieren, welche Art von Gegenwehr und Widerstand den Palästinensern, denen ja nicht nur das Existenzrecht, sondern schlicht die Existenz verwehrt wird, eigentlich zugestanden wird. Raketen und Überfälle sind immer Terror, gegenüber dem ausschließlich Israel ein Verteidigungsrecht hat (denn der tägliche Staatsterror gegen die Palästinenser in den besetzten Gebieten, wird in den Westmedien kaum erwähnt, geschweige denn irgendwie geahndet), friedlicher Widerstand wie der Marsch an den Grenzzaun in Gaza wird nieder kartätscht unter dem Jubel der Scharfschützen, die nicht nur Hunderte Tote auf dem Gewissen haben, sondern auch Tausende Knie zerschossen haben, was zu vielen Amputationen führte oder die friedlichen Demos für Zugang zu den eigenen Ländereien werden regelmäßig mit Tränengas und Gummigeschossen auseinander gejagt und Menschen verletzt.

Und dann gibt es noch die gewaltlose Aktion BDS, die umgehend als antisemitisch diffamiert wurde und wird und zu grotesken Auftrittsverboten, Entlassungen, zum Verlust von Existenzgrundlagen und Zerstörung von Karrieren, zu Rufmord führt. Also, wie man sieht, zumindest im Westen, der bisher noch über die gigantischste Zerstörungsmacht verfügt, haben Palästinenser vor allem das Maul zu halten und still die tagtägliche Verletzung von Menschen- und Bürgerrechten hinzunehmen und am besten in die Nachbarländer zu verschwinden, wenn sie nicht ermordet werden wollen.

Angesichts dessen fällt mir zugegebenermaßen ein ausgewogener Blick sehr schwer, liebe Frau Erler. Ich kann sehr mitfühlen mit dem Leid Einzelner, also den Menschen, die Angehörige verloren haben oder deren Angehörige im Kessel von Gaza sitzen.

Übrigens fällt auch schon auf, mit welch unterschiedlichen Begriffen die Opfer der verschiedenen Völker benannt werden. israelische Gefangene der Hamas sind Geiseln, die Tausenden Palästinenser, die z.T. jahrelang in Verwaltungshaft sitzen ohne Urteil und rechtlichen Beistand, auch Kinder, vielfach gefoltert, sind Gefangene, das klingt doch richtig rechtsstaatlich.

Für den Staat (!) Israel sind mir sämtliche Sympathien abhanden gekommen.

Übrigens, zu dem Massenmord durch Bomben und Scharfschützen, der Hunger- und Durstblockade kommt jetzt noch der Dauerregen dazu. Die Menschen sitzen zu Tausenden in Zelten und in zusammengebastelten Hütten.

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Jan 14Liked by Petra Erler

Liebe Leuchtturmwärterin, ein sehr fundierter Artikel.

Ich erlaube mir ein paar Kommentare:

1) die Balfour Deklaration (1917) als eine der Grundlagen zur Wieder-Besiedlung des Landes Israel durch Juden ab dem Jahre 1948 :

"Verehrter Lord Rothschild,

ich bin sehr erfreut, Ihnen im Namen der Regierung Seiner Majestät die folgende Erklärung der Sympathie mit den jüdisch-zionistischen Bestrebungen übermitteln zu können, die dem Kabinett vorgelegt und gebilligt worden ist:

Die Regierung Seiner Majestät betrachtet mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina und wird ihr Bestes tun, die Erreichung dieses Zieles zu erleichtern, mit der Maßgabe, dass nichts geschehen soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina oder die Rechte und den politischen Status der Juden in anderen Ländern in Frage stellen könnte.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Erklärung zur Kenntnis der Zionistischen Weltorganisation bringen würden".

Ihr ergebener Arthur Balfour“[3]

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Balfour-Deklaration

Offenbar erinnert sich niemand mehr dieser Worte, vor allem nicht englische Politiker,

2) Realitätsverweigerung funktioniert nicht auf ewig - auch die Naqba sollte anerkannt werden - und alles was danach geschah, Sabra & Schatila usw.

3) Wer nicht den Mut und die Resilienz hat zu Verständigung und Wiedergutmachung beizutragen, der kann wenig zu einer Konfliktlösung im Sinne der Genfer Konvention beitragen. Schade dass die Mutigen und Starken wie J Rabin und A Sadat von Extremisten (wahren Terroristen) erschossen wurden. Das liegt z.T. vierzig Jahre zurück - und was haben diese beiden Morde Positives bewirkt?

Gar Nichts! Es gibt keinen empirischen Nachweis, dass Gewalt nachhaltige Lösungen im Sinne der Menschenrechte bzw. der Genfer Konvention bringt! Auch Deutschland mit seiner verfassungsrechtlich ungesicherten Staatsräson tut niemandem in Israel einen Gefallen damit, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen. Politisch gesehen gewinnt Hamas - nicht Israel - an Einfluss und Akzeptanz in der islamischen Welt - und die ist wohl kaum auf Gaza beschränkt.

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Jan 14Liked by Petra Erler

Als Leser mit eher bescheidenen Englischkenntnissen bin ich generell dankbar, erfahren zu dürfen, wie außerhalb unserer „westlichen Wertegemeinschaft“ über offizielle Verlautbarungen, Standpunkte und Entscheidungen Deutschlands gedacht wird. Deshalb ist mir die Erklärung des namibischen Präsidenten in diesem interessanten Artikel besonders wichtig. Ich würde gern viel mehr über Stimmen anderer Länder - außerhalb unseres engen EU- oder NATO-Radius – erfahren.

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Dank für Ihre Information, liebe Petra Erler! So kann ich mich doch wenigstens an dieser Stelle entschieden distanzieren von der Absicht der Bundesrepublik Deutschland "im Fall einer Hauptverhandlung" vor dem Internationalen Gerichtshof "als Drittpartei zur Verteidigung Israels" aufzutreten. Mir scheint nicht nur, dass die gegenwärtigen politischen Repräsentanten Deutschlands nicht begreifen, dass Aufarbeitung der politischen Geschichte des eigenen Landes anders Laut gibt.

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Liebe Frau Erler, mein Mann und ich sind folgender Meinung und rufen auf, als einzelne Staatsbürger die Klage zu unterstützen. Das geht nicht gegen das von den schrecklichen Verbrechen verstörte und verängstigte israelische Volk, sondern allein gegen die Handlungen der israelischen Regierung und Armee in diesem Krieg.

Sie schreiben: “Dem voraus ging eine Erklärung der Bundesregierung, die den von Südafrika erhobenen Vorwurf des Völkermords entschieden zurückweist. Im Fall einer Hauptverhandlung würde Deutschland als Drittpartei intervenieren. Man stehe weiter auf Seiten Israels.”

Wenn das erfolgen sollte, werden wir vorschlagen, als deutsche Staatsbürger die Klage Südafrikas zu unterstützen. Auch wenn das wahrscheinlich formal nicht möglich ist - also politische Willensäußerung und Distanzierung von der Unterstützung dieses barbarischen Krieges durch die Bundesregierung wäre es ein gutes Signal. Bei der Bewertung dessen, was zwischen Israel und den von ihm besetzten Gebieten geschieht, sollte man nicht außer Acht lassen, dass Israel den Aufbau der Hamas stets unterstützt hat. Benjamin Netanjahu hat die Zwei-Staaten-Lösung jahrzehntelang sabotiert und hintertrieben, zu diesem Zweck hat er die Hamas gefördert, und diese hat die PLO bekämpft, die hinter dem Oslo-Abkommen stand. Auch der Vorbereitung zu den Verbrechen der Hamas gegen Israelische Menschen hat die israelische Regierung zugeschaut, hat nichts unternommen und gibt vor, es nicht gewußt zu haben, trotz Warnungen der Ägypter, der eigenen Soldatinnen an den Überwachungskameras am Grenzzaun zu Gaza und der NSA. Opfer des Terrors wurden vor allem auch Menschen in Israel, die Frieden wollen und eine Zwei Staaten- Lösung anstreben, mithin Gegner der Regierung Netanjahu. Viele Israels aus der dortigen Friedensbewegung wurden von der Hamas ermordet. Das kann Zufall sein, muß es aber nicht.

Die Hamas wurde vom israelischen Inlandsgeheimdienst unterstützt, der Fluss der Gelder an die Hamas wurde geduldet. Die Hamas als Gegenpol zu all denen, die Frieden wollen – in Palästina und in Israel gleichermaßen. Genau das ist es, was derzeit passiert. Und den Terror der Hamas als Grund für eine Vertreibung der Palästinenser aus dem Gaza. Als ich diese Vermutung das erste Mal bei meinen 'Freunden zur Sprache brachte, guckten die ungläubig und wiesen meine Vermutung zurück. Aber nun sind selbst die USA besorgt über offen geäußerte Vertreibungspläne der offen faschistischen und sehr mächtigen Siedlervertreter in der Regierung in Tel Aviv.

Es ist kein Zufall, dass zahlreiche Aktivisten – insbesondere deutsche evangelische Pfarrer, die in Südafrika selbst die Apartheid erlebt hatten, nach der Befreiung Südafrikas ihre Aktivitäten in die Palästina-Solidarität verlegt haben. Mit etlichen dieser Leute sind wir befreundet, denn wir waren selbst aktiv in der Anti-Apartheid-Bewegung. Diese Pfarrer wußten und wissen sehr genau, was sie machen. Diese alte und richtige Mahnung “Nie wieder…” sollte sich nicht nur auf Rassismus und Apartheid in Südafrika sondern auch auf Völkermord durch Israel beziehen.

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Hier der ausführliche Kommentar von Craig Murray zum ersten Beschluss des IGH in der Sache der südafrikanischen Klage: https://www.craigmurray.org.uk/archives/2024/01/has-international-law-survived-or-has-the-western-political-class-killed-it/

Mir scheint, damit sitzt Deutschland so gut wie auf der Anklagebank wegen Beihilfe zum Völkermord.

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Jan 21·edited Jan 21

Danke für die ausgewogene Zusammenstellung. Es ist bedauerlich, dass man auf englischsprachige Medien wie Democracy Now, Aljazeera oder sogar persönliche Blogs wie von Craig Murray zurückgreifen muss, um sich hierzulande zu informieren.

Laut Spiegel "haben sich die beteiligten Ressorts [der Bundesregierung] hinter den Kulissen bereits grundsätzlich darauf geeinigt" Panzermunition an Israel für den Gaza-Krieg zu liefern: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gaza-krieg-bundesregierung-prueft-lieferung-von-panzermunition-an-israel-a-0f0ce68d-7752-4b8e-81eb-9bd3a5692eeb. Damit wird sie zum Komplizen für den Fall, dass die südafrikanische Klage erfolgreich ist, und hat sich in die Lage gebracht, eine juristische Untersuchung verhindern zu müssen. Auch ein Grund, warum es mal den (von der Ampel-Regierung abgeschafften) Grundsatz gab, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern.

Eine Frage an die Leuchtturmwärterin: Worauf gründet sich Ihre in einem Kommentar geäußerte Hoffnung auf den deutschen Bundestag? Selbst wenn es dort 50 Gerechte *) geben sollte, müssen sie auch noch mutig sein. Zwar sind sie, anders als Teilnehmer von Demonstrationen für einen Waffenstillstand, durch parlamentarische Immunität momentan vor juristischer Belangung geschützt, aber wie sollen sie eine Medienkampagne überstehen, die sie als "Antisemiten" brandmarkt?

Hier ist übrigens ein Beispiel wie die die deutsche Position in den USA außerhalb der herrschenden neo-konservativen Kreise wahrgenommen wird: https://worldbeyondwar.org/murder-is-justice-and-danger-is-safety/. Disclaimer: D. Swanson geht davon aus, dass es tatsächlich Genozid ist, wozu es natürlich auch andere Auffassungen gibt. Interessant ist dazu z.B. die Debatte in der Zeitschrift "Jewish Currents", wo es eine Erwiderung auf die Einschätzung "A textbook case of genocide" (Raz Segal, 13.10.2023) gab, die meinte, dass es sich bisher (Okt. 23) "nur" um Kriegsverbrechen handele und nur ein Teil der israelischen Regierung genozidale Absichten habe: "For our warnings about this frightening possibility to be taken seriously, we must avoid making unsubstantiated charges of genocide." https://jewishcurrents.org/letters/on-a-textbook-case-of-genocide

*) Wer die Anspielung nicht versteht: Gen 18,26 https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/gen18.html#26

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