Das Maidan-Massaker - eine Operation unter falscher Flagge
sagt das Buch von Iwan Katschanowski. Aber daraus ergeben sich auch Fragen an ARD und ZDF
“Today, war is back in Europe. But for many Ukrainians, this conflict began already ten years ago. It began when peaceful protesters, just waving the European flags in Maidan Square, were shot dead by snipers.”
Übersetzung:
Heute herrscht in Europa wieder Krieg. Doch für viele Ukrainer begann dieser Konflikt bereits vor zehn Jahren. Es begann damit, dass friedliche Demonstranten, die Europafahnen auf dem Maidan-Platz schwenkten, von Scharfschützen erschossen wurden.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 2023
Auf dem Maidan, in jenen blutigen Tagen im Februar 2014, wurden die „Himmlischen Hundert“ geboren, jene unschuldigen Opfer angeblich repressiver Staatsgewalt unter Janukowitsch. Ihnen gibt Iwan Katschanowski eine Stimme.
Nach 10 Jahren Forschung legt der ukrainisch-stämmige kanadische Professor seine umfänglichen Forschungen (gegengeprüft) in einem Buch vor, das bei Springer in Englisch erschienen ist. Es kann käuflich erworben werden, aber Katschanowski hat - aus eigener Tasche - auch dafür gesorgt, dass jeder das Werk frei lesen kann, der das möchte.
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-031-67121-0
Katschanowski verabscheut die Massaker, die auf dem Maidan zwischen dem 18. und 20. Februar 2014 stattfanden. Gewaltsam starben 74 Maidan-Aktivisten sowie 17 Polizisten bzw. Mitglieder der inneren Sicherheitstruppe der Ukraine. Über 300 Aktivsten und rund 200 Polizisten bzw. Sicherheitskräfte wurden verwundert.
Katschanowski hält zudem die politischen Folgen dieses Gewaltexzesses für weltverändernd: Der legitime ukrainische Präsident Janukowitsch wurde gestürzt, die Krim durch Russland annektiert, der Donbass separatistisch. 2022 erfolgte die völkerrechtswidrige russische Invasion. Der russisch-ukrainische Krieg entartete zu einem Stellvertreterkrieg zwischen der Nato und Russland, der in einem atomaren Inferno enden könnte.
Katschanowski wertete Videos aus, Fernsehberichte diverser Länder, Interviews mit Zeugen sowie Gerichtsverfahren in der Ukraine.
Im Ergebnis ist er sich sicher: Es war eine „Operation unter falscher Flagge“, von Teilen des Maidan in Gang gesetzt. Auf deren Konto ging die Mehrheit der Toten und Verwundeten.
Das öffentliche Entsetzen über dieses Blutbad war einkalkuliert und diente zur Legitimation des gewaltsamen Umsturzes in der Ukraine. Er zitiert einen der damaligen Politiker der extremen Rechten. Der sagte, er habe sich bei westlichen Vertretern beschwert, warum sie untätig blieben und habe zur Antwort bekommen, dass man erst etwas machen könne, wenn die Zahl der Toten bei Hundert liege.
Wegen des Massakers vom 20.Februar 2014 rief der damalige US-Vizepräsident Biden am gleichen Tag Präsident Janukowitsch an und empfahl ihm, sein Amt zu quittieren und das Land zu verlassen. Das war exakt zu dem Zeitpunkt, als die Außenminister von Frankreich, Deutschland und Polen noch glaubten, sie hätten eine verhandelte Lösung des Konflikts zwischen Janukowitsch und der Opposition zustande gebracht, die auch von russischer Seite unterstützt wurde.
Vom Verdacht, dass die Verantwortung für das Maidan-Gemetzel beim Maidan lag, berichtete der estnische Außenminister der EU-Chefdiplomatin Ashton in einem Telefonat 2014. Es wurde abgehört und veröffentlicht (5. März 2014).
Das Interessanteste an diesem Telefonat war, dass Frau Ashton die Möglichkeit, dass die Verantwortung für das Gemetzel beim Maidan lag, ganz gleichmütig aufnahm. Später erklärte der estnische Außenminister, er habe nur wiedergegeben, was er in Kyjiw gehört habe (ab 8:30 min, altersbeschränkt).
sowie
Tatsächlich, und auch das geht aus Katschanowskis detaillierten Recherchen hervor, war es Teilnehmern des Maidan, die zu Zeugen von Morden bzw. auch Opfer von Schussverletzungen wurden, bewusst, dass nicht die Berkut auf sie schoss, sondern aus verschiedenen umliegenden Gebäuden Schüsse abgegeben wurden, die damals unter der Kontrolle des Maidan standen, darunter ganz prominent das Hotel “Ukraina”.
Katschanowski belegt ebenfalls, dass die Opposition und militante Kräfte des Maidan ab dem 30. November 2013 eine Reihe von Vorfällen inszenierten, um dem Janukowitsch-Regime eine exzessive Repression gegen „friedliche“ Maidan-Teilnehmer anzuhängen. Mit von der Partie war anscheinend der Leiter der Präsidialverwaltung von Janukowitsch (Serhiy Lyowotschkin), der seine Verfügung über den beliebten ukrainischen Fernsehkanal Inter dazu benutzte, den öffentlichen Zorn gegen Janukowitsch weiter anzustacheln. Er distanzierte sich am 30.November 2013 medienwirksam von Janukowitsch.
Katschanowski bringt längst Vergessenes wieder zum Vorschein. Bellingcat hatte eine Untersuchung des Maidan-Massakers angekündigt, aber nie geliefert. Auch das FBI war seit 2015 im Besitz wichtiger Originalquellen, doch auch das FBI schwieg beharrlich. Innerhalb des EP gab es immer wieder eine Forderung eines Abgeordneten nach einer gründlichen Untersuchung der Gewalttaten in Odessa und des Massakers auf dem Maidan. Sie verhallte ungehört.
Der vom US-Vizepräsidenten Biden favorisierte Generalstaatsanwalt Lutsenko (eingesetzt nach der von Biden betriebenen Entlassung von Schokin) soll sich um die Manipulation von Beweisen „verdient“ gemacht haben.
2023 räumte ein ukrainisches Gerichtsurteil zum Maidan-Massaker zumindest mit dem schwärenden Verdacht auf, Russland habe bei alledem eine Rolle gespielt. Eine Autorisierung von Janukowitsch für das Gemetzel wurde nie gefunden und konnte auch nicht gerichtlich festgestellt werden. Berkut-Scharfschützen gelangten erst zum Einsatz, als das wahllose Töten von Maidan-Aktivisten und Regierungskräften längst im Gang war.
Im Europarat scheiterte eine Untersuchung 2015. Ukrainische Behörden behinderten eine vom ukrainischen Parlament geforderte Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofs.
Einzelne Untersuchungen durch Medien, insbesondere aus Deutschland und Großbritannien, belegten die Anwesenheit von Scharfschützen in damals vom Maidan kontrollierten umliegenden Gebäuden. Diese Scharfschützen kamen aus Georgien und weiteren Ländern. Politische Aussagen von Biden und Blinken enthielten den Hinweis, dass sie wussten, dass auf die Demonstranten und auf Berkut-Mitarbeiter aus Gebäuden bzw. von deren Dächern geschossen wurde.
Katschanowski weiß, dass er mit seinen Untersuchungsergebnissen gegen die dominante Darstellung schreibt, die die Schuld für diese blutigen Ereignisse beim Janukowitsch-Regime verortet. Deswegen fordert er auch ausdrücklich die Medien auf, sich detailliert mit dem 2023 in der Ukraine zu Ende gegangenen Prozess um das Maidan-Massaker zu beschäftigen, statt die bequeme Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Verurteilung von drei Angehörigen des Berkut das vorherrschende Narrativ bestätige. Er hat alle Prozessunterlagen gründlich studiert.
Katschanowski machte es sich nicht zur Aufgabe, im Einzelnen die Schuldigen am Massaker zu ermitteln. Seine Recherchen führten ihn jedoch zum Rechten Sektor, zur Swoboda-Partei, aber auch zu Teilen der Vaterlands-Partei. Nach dem Lesen seines Buches hält man es allerdings für unwahrscheinlich, dass der „Kommandant“ des Maidan nichts wusste, zumal es Maidan-Aktivisten gelang, Scharfschützen dingfest zu machen und zum Maidan-Hauptquartier zu bringen. Diese jedoch verschwanden auf Nimmerwiedersehen bzw. starben unter ungeklärten Umständen.
In jenen Tagen waren viele Fernsehsender in Kiew. Außerdem gab es einen Live-Stream vom Maidan. Neue Medien schossen wie Pilze aus dem Boden.
2017 tauchte überraschend ein Video in einem Maidan-Prozess auf, das der ARD gehört. Es wurde nie zuvor gesendet. Das Video, das zwei Ukrainer von verschiedenen Etagen des Hotel Ukraina am 20. Februar 2014 drehten, war jedoch verhunzt. Es fehlten die ersten 30 Minuten und auch die Tonspur. Die wäre wichtig gewesen, um die unterschiedlichen Geräusche der benutzten Waffen zu identifizieren und sie mit der in den Aufnahmen dokumentierten Ermordung/ Verletzung von Menschen zusammenzubringen. Ein Filmemacher äußerte sich, dass „Idioten“ am Werk gewesen sein müssten bei der Videobearbeitung. Der Ton sei hundertprozentig da gewesen.
https://digitalmaidan.org/video/20-lutogo/dovge-video-nastupu-maidanivciv-na-instytutskij
Wer es bearbeitete, und ob die originalen Aufnahmen noch in der Verfügung der ARD sind, erfährt man nicht.
Es wäre hochinteressant zu wissen, ob es das Original noch gibt, bzw. welcher „Idiot“ es damals bearbeitete. Nur die ARD kann diese Frage beantworten.
Gleichwohl hat auch das verstümperte Video noch einen gewissen Informationswert: Man kann sehr gut die Positionierung der Berkut erkennen, die hinter einer Barrikade verschanzt war. Von dort aus sind Schussverletzungen, die von oben nach unten verlaufen, ballistisch unmöglich.
An dieser Stelle kommt noch ein zweiter Fernsehbeitrag aus Deutschland in Spiel, in dem Fall vom ZDF. Britta Engel dokumentierte die Anwesenheit von vermummten, „bewaffneten Regierungsgegnern“, die das Zimmer des ZDF im Hotel „Ukraina“ (in der 14. Etage) „gekapert“ hatten. (O-Ton-ZDF). Später wurden sie abgeholt, mit der Bemerkung, man wolle die Presse heraushalten.
Der ZDF-Beitrag wurde 2015 aus der Mediathek genommen. Katschanowski bemerkte das und äußerte sich dazu auf Facebook (heute Meta). https://www.facebook.com/ivan.katchanovski/videos/989716864391533
Katschanowski hat zwei dieser Männer, die im ZDF-Video zu sehen waren, namentlich identifiziert. Einer davon hielt später eine flammende Rede auf dem Maidan.
Britta Engel dokumentierte in ihrem Beitrag auch bewaffnete Aktivisten des Maidan auf der Straße. Die seien „auch keine Engel“ sagte sie.
Die Kamera zeigte zudem Einschüsse im Hotel „Ukraina“. Nach dem Buch von Katschanowski gab es diese weder im Erdgeschoss noch in der ersten Etage. Die, die auf die im Hotel postierten Scharfschützen schossen, schossen höher.
Das Hotel „Ukraina“ war nicht der einzige Ort, von dem aus Scharfschützen agierten. Auch aus anderen Gebäuden, die damals in der Hand von gewaltbereiten Teilen des Maidan waren, wurde geschossen, während von der Hauptbühne des Maidan mehrfach Warnungen vor Scharfschützen laut wurden.
Ein Effekt der gründlichen Forschungen von Katschanowski ist, dass er dem Töten und den Verwundungen Namen und Umstände zuweist. So ist sein Buch eine Ehrung derer, die dieses Massaker am 20. Februar nicht überlebten bzw. dabei verwundet wurden. Aber es ist auch eine Anklage. Denn noch sind die Haupttäter dieses Massakers gesichtslos und seine Sponsoren nicht entlarvt.
ARD und ZDF könnten zur weiteren Aufklärung der Geschehnisse am 20. Februar 2014 beitragen. Aber wer außer mir wird sie fragen?
Nachtrag: Katschanowski hat eine GoFundMe-Kampagne gestartet (auch über paypal erbeten), um so etwas öffentliche Unterstützung für den kostenlosen Zugriff auf eine pdf seines Buches bzw. ein e-book einzuwerben.
In der aktuellen Buchfassung (pdf) ist an bestimmten Stellen der Zugriff auf verlinkte Videos blockiert. Das wird der Verlag noch technisch richten müssen. Wahrscheinlich war da irgend so ein „Idiot“ am Werk.
Wer sich auf YouTube eine aktuelle Diskussion mit Katschanowski zu seinem Buch ansehen möchte (in Englisch) - hier ist der link
Sehr geehrte Frau Erler,
wie alle Ihrer Beiträge ist auch dieser wieder überaus faktenreich, redlich recherchiert und absolut wissenswert.
Haben Sie von Herzen Dank für Ihr stetes Engagement und ihre wunderbare, profunde und so notwendige Arbeit!!!!
Ihre Angela Giudice ❣️🙏🏻❣️
Zu der Zeit hat doch MONITOR vom WDR eine ziemlich gute Darstellung der Vorfälle gebracht und genau auf den rechten Sektor und dessen Morde auf dem Maidan hingewiesen. Natürlich nichts mehr davon zu finden im Netz, übrigens ebenso wenig wie von der ANSTALT zu dem Thema, unter anderem auch die Timoschenko-Farce (mit Jochen Busse).
Damals war noch Journalismus möglich.
Hier zu diesem Telefonat auch ein deutscher Beitrag vom SPIEGEL: https://www.youtube.com/watch?v=r0EWMg91CU0