Da wird erstens ein Historiker zitiert, -leider habe ich den Namen nicht verstanden-, der anhand der Untersuchung früherer Kriege davon ausging, dass auch ein kriegerischer Angriff eine Verteidigung sein kann, wenn man die Vorgeschichte berücksichtigt. Und das erscheint mir in diesem Falle durchaus gegeben, die Russen hatten schlicht nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, mal abgesehen davon, dass das Israel ja unwidersprochen permanent für sich geltend macht, wovon zumindest in den letzten 50 Jahren keine Rede mehr sein kann. Und zweitens, dass diese NATO-Osterweiterung eigentlich sich in erster Linie gegen Deutschland richte, indem der Schwerpunkt Europas nunmehr auf extrem antirussische Staaten direkt an der russischen Grenze verlagert wird.
Die widerliche Bigotterie in D wurde gerade wieder deutlich an dem medialen Gejaule über die böse antisemitische Demo (wie solche Bilder zustande kommen, wissen wir im übrigen inzwischen zur Genüge oder auch mal ein paar Agents provocateurs eingeschleust?!), wo wieder über Konsequenzen nachgedacht werden soll, aber ein rechtsradikaler ukrainischer Schriftsteller, dessen Texte nur so triefen vor Verächtlichmachung und Entmenschlichung von Russen erhält den FRIEDENSPREIS des deutschen Buchhandels.
Es wäre nur noch anödend, wenn man nicht ständig den Eindruck hätte, Deutschland und seine Bürger sollen wieder kriegstauglich und kriegsbereit gehirngewaschen werden.
Und noch ein Zitat aus einem Artikel von Ted Snider: Von den Anfängen der völkermörderischen Expansion des Westens bis heute gibt es ein klares, ungebrochenes historisches Muster, nach dem die USA Friedenspläne ausschlagen, um höhere Ziele zu verfolgen. (wobei ich die Ziele eher als (ethisch) niedrig bewerten würde. C.) https://antikrieg.com/aktuell/2023_04_11_sieglauben.htm
Danke, liebe Columba, für beide links. Da wir schon so lange miteinander hier diskutieren, zögere ich fast nochmals zu sagen, was Russland betrifft: Es hat den Krieg nicht gewollt, aber es hat ihn als politisches Mittel gewählt (und wie erkennbar ist, auch gut vorbereitet). Meines Erachtens besteht der Fehlschluss so einiger darin, das nun entweder kleinzureden oder zur Grundlage einer völligen Politik-Korrektur zu machen.
Das Problem scheint mir zu sein, dass der Krieg, der ein klarer Stellvertreter-Krieg ist, spätestens im April 2022 über seine originären (von Russland) verfolgten Ziele hinauswuchs und nunmehr zwei Nuklearstaaten betrifft. Im Februar 22 hatte Russland behauptet, es ginge um seine Existenz. Das war klar (noch) nicht der Fall. Aber die westlichen Reaktionen haben mE. diese Sichtweise Moskaus im Nachhinein legitimiert und so wird der nicht nur militärisch geführte Kampf um "Siegfrieden" zur russischen Sicherheitsfrage/Existenzfrage, aber gleichzeitig auch zur amerikanischen Sicherheitsfrage (denn die glauben, US-Sicherheit sei nur gewährleistet, wenn es niemanden anderen neben ihnen gibt.) Hier stoßen zwei Doktrinen aufeinander (egal, was wir davon halten) und wenn die ausgefochten werden sollten, dann sind wir alle ohne Zukunft. Politik und Mainstream vermeiden aktuell alles, dass das mehrheitlich öffentlich klar wird und daran interessiert, dass wir uns in falschen oder Schein-Konflikten verkämpfen und glauben, eine Sorge vor einem nuklearen Konflikt wäre russiche Infiltration oder pathologische Angst oder was auch immer.
Laut einem Artikel in der Berliner präsentiert sich Rheinmetall, u.a. der deutsche Panzerlieferant selbst als "ein integrierter Technologiekonzern für umweltschonende Mobilität." Und damit ist fast alles darüber gesagt, wie Wirklichkeit heute verzerrt und auf den Kopf gestellt wird. Dank der Berliner Zeitung allerdings in dem Fall aufgedeckt.
"Meines Erachtens haben die Russen aus dem, was die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs entwickelt haben, sehr viel gelernt. Und heute sind die Russen die Meister in dieser Kunst.
Wenn das stimmt, warum kommen sie da nicht schneller voran?
Jacques Baud: Weil sie nicht wollen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Ziel der Russen nicht darin bestand, Territorium einzunehmen, sondern die Bedrohung der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass zu zerstören. Das hat Wladimir Putin gesagt, als er von „Entmilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ sprach. Es ging darum, das militärische Potenzial (Demilitarisierung) und die fanatischen Truppen, die gegen die Bevölkerung eingesetzt wurden (Entnazifizierung), zu zerstören. Das Ziel der „Entnazifizierung“ wurde mit der Eroberung von Mariupol Ende März 2022 offiziell erreicht. Es gibt eine Dissymmetrie: Die Ukrainer verteidigen ein Territorium, während die Russen versuchen, ein Potenzial zu zerstören. Im Oktober letzten Jahres erklärte der russische General Surowikin, Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte in der Ukraine, dass sein Ziel nicht darin bestehe, große mobile Operationen durchzuführen, sondern das Potenzial der Ukraine zu zerschlagen. Weil wir nicht bereit waren, diese Dissymmetrie zu verstehen, verliert die Ukraine heute!"
Das heißt aber eben nicht, dass sie im Falle einer wirklich existenziellen Bedrohung nicht zu einer ultimativen Waffe greifen.
Aber wie immer finde ich Bauds nüchterne Betrachtungen sehr interessant.
Ich auch, liebe Columba. Und ich stimme der Analyse von Baud auch zu, bin aber gleichzeitig der Meinung, das der verhandlungswillen auf der russischen Seite bis 4/22 real war.
"Das Ziel der „Entnazifizierung“ wurde mit der Eroberung von Mariupol Ende März 2022 offiziell erreicht."
Ich denke, hier irrt Baud, und das gewaltig. Die Entnazifizierung, also die Beseitigung einer Ideologie, ist nicht mit der Vernichtung einer Kampfeinheit getan. Das zeigen die Historie aber auch die Ereignisse in der Ukraine.
der im Gespräch besprochene Historiker ist der folgende:
Professor Dr. Klaus Gestwa, Osteuropäische Geschichte und Landeskunde
Uni Tübingen.
Machiavelli sagte vor 500 Jahren: "Nicht wer zuerst zu den Waffen geift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt."
Die westliche Politik weiß das natürlich auch, und selbst das Völkerrecht berücksichtigt eine derartige Konstellation. Nicht umsonst wird ja auf allen westlichen Kanälen getrommelt: "Der russische Einmarsch ist unprovoziiert ...."
Das ist klar, das weiß ich, René. Es wird ein Professor zitiert, ich glaube von Jürgen Rose, dessen Buch dann offenbar nur in einer Auflage und nur auf Deutsch veröffentlicht wurde, wohl auch, weil er die Ursprünge der beiden Weltkriege untersuchte und da wahrscheinlich z.T. zu einer anderen Auffassung kam als die gängige Geschichtsschreibung.
Als ich mich letztes Jahr kurz mal zu Lanz verirrte und dort Baum mit Brandt streiten sah, war fuer mich klar, dass er und seine Mitfanatiker mittlerweile auf einem völlig anderen Planeten leben als ich.
Er bezeichnete dort allen Ernstes die NATO Osterweiterung als völlig unproblematisch fuer Russland, weil die NATO ja kein aggressives Bündnis sei.
Was soll man solchen Leuten und darauf noch entgegnen?
Ich weiß, wie Sie es meinen, JayBee - und nutze es trotzdem, um zu sagen:
Da wir alle den gleichen Planeten bevölkern, bleibt nichts übrig, als es immer wieder zu versuchen, mit Fakten, mit der Darlegung nachprüfbarer geschichtlicher Zusammenhänge... und dann muss man sehen, ob Nachdenken einsetzt und wie sich Meinungen formen. Aber man muss es versuchen, immer wieder.
ich habe den Eindruck, das Schreiben dieses Artikels fiel Ihnen sehr schwer.
Sie machten Ihre Replik an dem Baum-Artikel fest und versuchen - so mein Eindruck - diesen kritisch beleuchtend den Appell für den Frieden anwaltlich zu verteidigen.
Mich erfasst zunehmend der Gedanke, ja die wachsende Überzeugung, dass an diesem Krieg in der Ukraine das sogenannte Europa - gemeint ist das, was sich immer gern als "Europa", also das "politische Europa" - zerbrechen wird. Und möge mir bitte niemand sagen, das war Putins Plan oder hinterher, der Putin war´s. Möglicherweise wird es dann einfacher, eine für alle akzeptable Friedenslösung zu finden. ...
Ob Baum oder die Initiatoren des Friedens-Aufrufs, alle gehen nach wie vor - ob nun offensichtlich oder eher subtil - von der Fiktion aus: "Wir sind die Guten! Und wenn wir nun nach Frieden rufen, dann haben sich bitte schön alle unseren edlen Zielen unterzuordnen. Ob das nun China, Indien, Brasilien sind." Russland spricht diesbezüglich niemand mehr an, außer als Aggressor, obwohl Russland im März/April 2022 bereit war, einen von der Ukraine vorgelegten Waffenstillstandsvertrag zu unterzeichnen. Der Westen, USA, GB, NATO, wollten das nicht und schickten Johnson, um diesen Vertrag zu verhindern.
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Diese offenbar unausrottbare westliche Arroganz gipfelt im Aufruf in dem Satz: "Wir ermutigen den Bundeskanzler, zusammen mit Frankreich insbesondere Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen, um schnell einen Waffenstillstand zu erreichen."
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Ausgerechnet Scholz und Makron werden "ermutigt", initiativ zu werden, um eine Vermittlung zu ermöglichen. ... Das ist schon bizarr. Wer soll denn diese beiden Amtsträger ernst nehmen? Haben die Unterzeichner des Aufrufs denn vergessen, wie Scholz und Macron im Februar 2022 im Kreml auftraten? VOR dem Krieg. Und nach seinem Beginn?
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Von einem Willen zur Verständigung war in deren Auftreten nicht mal im Kleingedruckten etwas zu spüren. Anmaßung pur hingegen in jedem Zoll. Und als Putin von den Toten des Donbass sprach, dem gezielten Mord an wehrlosen Zivilisten über Jahre hinweg, da fand sich auf dem Gesicht eines Scholz nur ein, ja, man muss es so nennen, dämonisches Grinsen. Wer es nicht glaubt, kann es sich gern im Internet anschauen. Macrons Erscheinen war nicht weniger unangemessen. Und letzterer hat ja erst vor wenigen Tagen in China noch mal in einer Art und Weise nachgelegt, die kein Chinese so schnell vergessen wird ...
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Um es ganz klar und deutlich zu sagen: Scholz und Macron gaben durch ihre "Auftritte" zu verstehen: Eure Meinung interessiert uns nur, wenn Ihr unsere als Eure annehmt.
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Und nun werden diese beiden in ihren Ämtern völlig überforderten Figuren aufgefordert, mit den Führern von Nationen zu verhandeln, die über Jahrhunderte hinweg in und durch ihre Kulturen dazu erzogen wurden, Verhandlungen so zu führen, dass jeder Seite immer das Gesicht gewahrt bleibt. ...
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Die aufgeforderten westlichen Amtsträger sind durch ihr anmassendes persönliches Auftreten für diese Aufgabe einerseits in ihrer Person völlig disqualifiziert. Zum anderen haben die von ihnen vertretenen Staaten durch ihr Handeln nicht im Mindestens zu verstehen gegeben, dass sie tatsächlich Frieden wollen.
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Der "Aufruf: Frieden schaffen!" wird keinen großen Erfolg haben, so gut er gemeint ist und so sehr die Welt auch Frieden dringend braucht. Solange jeder, der nach Frieden ruft, diesen Ruf in einer schon reflexhaften Weise mit der "russischen Aggression" zu verbinden müssen meint, um überhaupt irgendein Gehör zu finden, kann er der damit verbundenen komplexen Gemengelage wohl kaum gerecht werden.
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Für einen erfolgreichen Friedensaufruf bedarf es anderer Formulierungen. Und es bedarf vor allem anderer, glaubwürdiger Boten, die ihrerseits glaubwürdige Vermittler dazu bewegen können, diese Rolle im Namen einer Zukunft der Menschheit übernehmen zu können.
Das offizielle deutsche politische Personal hat sich für beide Posten allumfassend und nachhaltig disqualifiziert. Und das sehr wahrscheinlich für eine sehr lange Zeit. ...
Lieber Herr Zittlau, ich habe diesen Artikel geschrieben, weil es mit jedem Tag dringlicher wird, das, was der Aufruf fordert, das Prinzip der kollektiven Sicherheit auf dem Verhandlungsweg zu verwirklichen. Die Formulierungen dazu im Aufruf sind richtig und notwendig. Ich habe ihn auch geschrieben in der Hoffnung, dass die deutsche Regierung ihrer Verantwortung dafür nachkommt. Denn wir sind durch unsere Geschichte in der Pflicht, vom Grundgesetz ganz zu schweigen.
In der Washington Post wurde jüngst aus den "Pentagon-Leaks" zitiert: Danach ist jeder Tag, der weiter kriegerisch vergeht, ein Vorteil für Russland. Es ist ein Abschlachten von völlig unvorbreiteten Menschen, die an die Front geworfen werden. Das kann in der Wapo auch nachlesen werden: Die Ukraine kann nicht militärisch gewinnen, nicht aus eigener Kraft. Aber selbst wenn das Umgekehrte stimmen sollte - In jedem Fall ist die Frage die gleiche: Was dann? Dieses Dann ist entweder, aus der Tragödie etwas Gutes erwachsen zu lassen: eine stabile Sicherheitsordnung im Geist von Paris 1990 oder wir rutschen in die direkte Konfrontation und es endet nuklear. Das sind die beiden Optionen. Darüber kann es gar keine Illusionen mehr geben. Und das "Zeitfenster" (wie man so schön in der Politik sagt) die nukleare Auslöschung zu verhindern, schließt sich bereits. Umgangssprachlich: wir haben fast keine Zeit mehr. Und das Dumme ist, hierzulamnde scheinen zuviele Leute zu glauben, die Bedrohung wäre ein fake oder russiche Desinformation.
ich kann sehr gut nachvollziehen, warum Sie den Artikel geschrieben haben. Auch ich habe Angst. Angst, dass der Krieg in der Ukraine sich zu einem großen Krieg auswächst. Dann wird er nicht auf Europa beschränkt bleiben, dann wird er die Welt in Schutt und Asche legen, womöglich für immer.
Sie werden sicher gemerkt haben, dass ich Ihre Art zu schreiben, schätze. Sie werfen die wichtigen Themen in den Ring und es macht mich wütend zu sehen, dass diese Themen im Mainstream praktisch keine Rolle spielen - d.h., sie spielen eine Rolle, jedoch nur unter dem Blickwinkel der Regierenden. Dabei sind Ihr Duktus, Ihre Wortwahl ausgewogen, wohlüberlegt. Doch in der FAZ oder SZ, geschweige denn der ZEIT von heute ist für diese Ihre Ausgewogenheit überhaupt kein Platz.
Meine Interpretation: Weil dafür kein Platz zu sein hat, kein Platz sein soll!
Wenn wir davon ausgehen, dass diese Diagnose nicht komplett falsch ist, ist die nächste logische Frage: Warum ist das so? Und dann: Wer ist dafür verantwortlich?
Tja, die Antworten auf diese Fragen gehen dann sehr weit auseinander, je nach Standpunkt des Antwortenden. Und meine Lebenserfahrung sagt mir, dass diese Antworten zuallererst bestimmt werden .... von Brecht: "Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral.“
Was meine ich damit? Ein Aufruf für Frieden in dieser Zeit muss sich an jede richten, die ich befähigt dafür halte, einen entscheidenden Beitrag zu leisten, Frieden tatsächlich erreichen zu WOLLEN! Der Adressat muss also nicht nur qua Amt die Mittel haben, er muss vor allem anderen GEWILLT sein, dieses Ziel – Frieden – unbedingt erreichen zu wollen.
Die deutsche Regierung hat in den Monaten und Jahren vor dem Krieg bewiesen und öffentlich zugegeben (!!), dass sie an einem Frieden in der Ukraine nur zu NATO-Bedingungen interessiert ist, Krieg zu dessen Erreichung inklusive.
Es gab viele Möglichkeiten, als deutsche Regierung Verantwortung in des Wortes wahrer Bedeutung zu übernehmen, um die Welt von der Friedfertigkeit dieses Landes, von einem ehrlichen Friedenswillen Deutschlands zu überzeugen! Also Verantwortung für das eigene Volk und die Welt zu übernehmen. Also die Sonntagsreden nicht nur zu halten, sondern sie zu LEBEN! Eine gute Basis dafür hätte die von Ihnen erwähnte Charta von Paris sein können. Vielleicht war sie es damals. Doch wenn ich mir den Punkt „Sicherheit“ dieses Dokuments anschaue und vergleiche, was sich seither getan hat, dann stelle ich erst einmal nüchtern fest: Die Charta ist in diesem Punkt nicht mal mehr das Papier wert. Der „Geist der Charta“ ist auf und davon... Es fällt nicht schwer zu ergründen, wer den Geist hat ziehen lassen:
„Wir bekräftigen die Bedeutung der Initiative "Offener Himmel" und rufen dazu auf, diese Verhandlungen so rasch wie möglich erfolgreich abzuschließen.“
So steht es dort geschrieben. Und, wer hat alles dafür getan, den „Offenen Himmel“ ganz bewusst platzen lassen? Russland war es nicht!
Und so könnte ich die von den USA bewusst zerstörten Abrüstungsverträge durchgehen, den Verrat Deutschlands an Minsk-2, den institutionalisierten Unwillen des Westens, Sicherheit auch nur im Brainstorming anders zu buchstabieren und zu definieren als auf US-amerikanisch. Schauen Sie sich an, was aus der OSZE gemacht wurde.
Die Bedrohung des Friedens ist – wenn ich mir das Gesamtbild vor Augen halte – also ein Produkt des Westens.
Sie zitieren die Washington Post: Jeder weitere Kriegstag ist ein Vorteil für Russland. Militärisch ist das sehr wahrscheinlich so. Doch meint das Sprachrohr des Pentagon das?
Vor wenigen Tagen wandte sich der US-Generalstabschef Mark Milley an den Kongress. Sinngemäß gab er zum besten: Wir haben der Ukraine bisher 50 Mrd. $ Militärhilfe gegeben, aus eigenen Beständen. Um das auszugleichen braucht das Pentagon 300 Mrd. $ sofort und eine Verdopplung des Militärbudgets im Jahre 2024.
Das sind die Vorstellungen der führenden NATO-Macht dazu, wie man das Thema Ukraine „regeln“ kann.
Ich bleibe dabei: Mit dieser vor den USA in jeglicher Hinsicht kuschenden deutschen Regierung wird es keinen Frieden in der Ukraine geben. Denn Frieden im Sinne einer politischen Ordnung, die ALLE betroffenen Seiten akzeptieren können, ist von NATO und EU überhaupt nicht gewollt. Und deshalb bedarf es anderer Aufrufe und anderer Adressaten für eine Friedenspolitik.
Entschuldigen Sie bitte die Länge. Ich verspreche Besserung.
Bitte: keine Entschuldigung: Dafür ist dieser Blog der "Leuchtturmwärterin" auch da. Wir reden, wir diskutieren, analysieren, hoffen, irren, reden weiter und solange leuchten die Feuer. Und ich/ wir werden sie nicht verlöschen lassen, nicht wahr?
Ihrer Analyse und Kritik muss ich leider zustimmen.
Bleibt nur die Frage, was sich daraus als Konsequenz ergibt.
Was sollen wir als friedliebende, kritische und besorgte Bürger KONKRET unternehmen, um den Krieg zu beenden und einen längerfristigen Frieden herbeizuführen?
Wir können nur immer und immer wieder mit nachprüfbaren Fakten argumentieren und versuchen, Stück für Stück die Wahrheit ans Licht zu holen.
Ein Mittel, was oft erstaunliche Wirkung zeigt, sind Zeitleisten. Also die exakte zeitliche Einordnung der Ereignisse.
Das hilft zwar nicht unmittelbar den Krieg zu beenden. Es hilft jedoch, Klarheit über Ursache und Wirkung zu schaffen, was wiederum die Basis für jegliche tragfähige Bewertungen und in der Folge von Lösungsansätzen darstellt
Doch machen wir uns nichts vor: Die heutige Situation wurde über Jahrzehnte von sehr mächtigen politischen Gruppen geschaffen, nicht nur in D. Eine nachhaltige "Anti"-Stimmung zu schaffen ist schon allein auf Grund dieser Konstellation sehr, sehr schwer.
Der derzeitige Bundestag scheint mir Lichtjahre entfernt von einem ehrlichen Friedenswillen. Der setzt u.a. voraus, sich in die Denkweise ALLER Konfliktparteien hineinversetzen zu WOLLEN und zu KÖNNEN.
Hier ist ein interessanter, aber sehr beunruhigender Artikel zum Nato -Beitritt von Finnland, in dem auch die Vorgeschichte Finnlands bzgl. der SU beschrieben wird, die mir so nicht geläufig war. Und es wird bald ein gigantisches Manöver an der russischen Grenze stattfinden;
Zitat:
In wenigen Wochen beginnt die NATO mit den größten Militärspielen in der Geschichte der Organisation seit ihrer Gründung im Jahr 1949. An der Übung Air Defender werden mehr als 220 Kampfflugzeuge und 10.000 Soldaten aus 24 Ländern, darunter auch Finnland, teilnehmen. Es wird die größte Verlegung von US-Soldaten nach Europa seit dem Ende des Kalten Krieges sein. Der amerikanische Kommandeur, Generalleutnant Michael Loh, sagte zu den Übungen: "Damit wird das Bündnis jetzt schnell und mit einer glaubwürdigen Truppe zusammengeführt, um sicherzustellen, dass wir bereit sind, wenn Russland jemals an der NATO-Grenze auftaucht."
Die Behauptung, Russland plane einen Angriff auf ein europäisches Land, ist eine absurde Propaganda. Die Amerikaner und ihre Verbündeten fantasieren hier über ihre eigene Projektion und stellen eine sich selbst erfüllende Prophezeiung auf. Wenn also Russland an der Grenze zu Finnland aufmarschiert, wird das als "russische Aggression" gewertet?
Ja Columba, ein Zyniker würde sagen: "The same procedure as every year". Doch genau so ist es. Die USA betreiben ihre NATO-Expansion und die damit verbundenen Drohgebärden weiter und weiter und weiter ... Leider. Sie verstehen nur die Sprache der Stärke.
Das finnische BIP hing bis zum NATO-Beitritt zu 50-60% direkt oder indirekt an Im- und Exporten nach oder aus Russland. Das ändert sich gerade deutlich, auf Grund der Struktur des Warenaustausches vor allem zum Nachteil für Finnland.
Hier ein interessantes Interview mit Douglas Macgregor.
Dabei beschreibt er klar und deutlich, wer der Schläger auf dem Schulhof ist.
Zu Finnland noch das:
Die Sowjetunion hatte auf Grund der in Ihrem Artikel beschriebenen historischen Ereignisse einen Flottenstützpunkt bis in die 50-er Jahre hinein. Dann gab ihn die SU auf, als Zeichen des guten Willens und auf Grund der guten Beziehungen zu Finnland.
Heute bedauert Russland diesen und andere Schritte des Entgegenkommens.
Ganz abgesehen davon, dass mir bisher (trotz vielfältiger Nachfrage) noch niemand erklären konnte, was beim Eintritt Russlands in den Krieg der Kiewer Ukraine gegen den Donbass so "eindeutig völkerrechtswidrig"sein soll (Art. 51 UN-Charta ist da etwas ausgewogener)
Das ist der Text von Art 51 und er ist eindeutig: Er bindet das Selbstverteidigungsrecht eines Mitgliedes der VN an einen bewaffneten Angriff gegen das betreffende Mitglied.
Die beiden Donbass-Republiken waren abtrünnig, und kein Mitglied der VN. Eine russische Anerkennung ersetzt das nicht.
Also hatte Russland nicht die völkerrechtliche Ermächtigung, deren Gesuch nach militärischem Beistand nachzukommen.
Kampfhandlungen im Inneren eines Landes, wie im Fall der Ukraine, unterfallen nicht der UN-Charta, Art 51.
Umgekehrt ermächtigt dieser Artikel die Ukraine zur Verteidigung.
"Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht, jederzeit die Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für erforderlich hält."
Ich komm' zwar nicht wie die Koryphäe der deutschen Außenpolitik vom's Völkerrecht, aber entgegne Ihnen (im gemeinsamen Ringen um Klarheit) gern:
1. Selbstverständlich kann die UN korrekterweise nur etwas festlegen, das für UN-Mitglieder zutrifft - daher, völlig korrekt, "...gegen ein Mitglied der VN...". Nicht-VN-Mitglieder fallen einfach nicht unter deren Jurisdiktion.
Gleich anschließend: das NATURGEGEBENE Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung, naturgegeben heißt klipp und klar universell gültiges Recht (ob Mitglied der VN oder nicht).
2. Wir waren uns schon mal einig, dass das Kiewer Putschistenregime unter Turtschinow mit der "ATO" einen blutigen Bürgerkrieg gegen den Donbass entfesselt hat. Dieser (in Gestalt der zwei Republiken) hat sich durch Volksentscheid von der Ukraine getrennt - was jahrelang durch Russland NICHT anerkannt wurde. Dennoch waren die Republiken mit ihrer Proklamation natürlich objektiv Völkerrechtssubjekte.
3. Mit der Anerkennung dieser Völkerrechtssubjekte konnte Russland endlich den beiden Republiken in ihrem Kampf gegen die Kiewer Clique beistehen, was wohl unter dem naturgegebenen Recht auch kollektiver Selbstverteidigung zu verstehen ist.
4. "...bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat...". Hat es zur Frage der Völkerrechtswidrigkeit oder überhaupt zum Ukraine-Konflikt einen Beschluss des Sicherheitsrates gegeben? Nicht dass ich wüsste. Oder wer entscheidet das sonst?
Also ist Russlands Beistand für die (ehemaligen) Donbass-Republiken nach wie vor völkerrechtlich gedeckt.
Hier ist eine rechtliche Würdigung eines ehemaligen Richters am Bundesverwaltungsgericht, die mich überzeugt. Sie erfolgte wegen der Novellierung des deutschen Rechts, das ihm in Punkten inkompatibel mit der UN-Charta erscheint (siehe Ausführungen zu "humanitären Interventionen").
"Nach Abs. 1 des Art. 8-bis RömSt erfordert die Strafbarkeit eines „Verbrechens der Aggression“ die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung einer Angriffshandlung, „die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt …“".
Ohne Verstoß gegen die UN-Charta auch keine Strafbarkeit nach Römischem Statut bzw. §13 VStGB. Entscheidend ist also die Würdigung des Art. 51 UN-Charta - dazu habe ich bereits argumentiert.
Zuerst haben sich die Donbass-Republiken für Selbständig erklärt, nach dem Sezessionsrecht.
Danach wurden Verträge über Freundschaft und gegenseitigen Beistand geschlossen, auf deren Grundlage sich diese neuen Staatengebilde an Russland um Hilfe wandten.
Dem kam Russland nach.
Das erfolgte alles binnen weniger Tage, nach dem 20.02.2022.
Hat im Westen irgendjemand die Ukraine ernsthaft unter Druck gesetzt auf Grund der seit dem 16.02.2022 nochmals enorm intesivierten Artillerieangriffe der Ukraine auf den Donbass? Die OSZE hatte die Daten öffentlich gemacht. Was wurde vom Westen unternommen?
Danke für den Artikel. Und auch für den Hinweis auf den Appell. Das tragische (oder je nach Sicht: bequeme) an einer Eskalation ist ja, dass sie den Scharfmachern auf beiden Seiten Recht gibt. Vielleicht muss man es an einem Punkt noch deutlicher sagen: Das von Melnyk, Nuland und anderen erträumte Kriegsziel ist das Herbeiführen der einzigen Situation, in der die russische Militärdoktrin den Einsatz von Kernwaffen vorsieht. Darauf hat Wolfgang Schwarz kürzlich im Blättchen hingewiesen: https://das-blaettchen.de/2023/03/bei-existenzgefaehrdung-%e2%80%93-atomkrieg-65215.html
Und zur Unterstreichung der Warnung der geschätzten Bloggerin vor einer permanenten Konfrontation, "Triefend vor Hass, bis an die Zähne bewaffnet, immer in Angst, eine Seite könnte die Nerven verlieren, etwas falsch interpretieren, Mensch oder Technik versagen", sei daran erinnert, dass wir diese Situation in den 1980er bereits nur um Haaresbreite überlebt haben. Einer der damaligen Vorfälle ist hier in einem Lied beschrieben: https://youtu.be/Gx6m3bkmbhY
Danke, lieber Krysztof! Auch für das würdige Lied - Es gab ja noch einen anderen Vorfall auf zwei sowjetischen U-Booten. Da fällt mir auf: Kennen wir eigentlich ähnliche Geschichte von Amerikanern?
Zum Schwarz-Artikel: Im Zusammenhang mit der Kuba-Krise beschreibt Ellsberg, dass damals die Amis nicht wussten, dass die Sowjetunion schon Atomwaffen auf Kuba hatte, und Chrustschow hoch alarmiert war, dass ein US-Angriff auf Kuba im unkontrollierbaren Debakel enden könnte - er hat also Kennedy gesagt, wie die Lage ist und mit ihm verhandelt - Rückzug gegen Rückzug und Kennedy sogar das Image des Siegers gelassen. Er sagte, dass NICHTS es wert wäre, dass die Erde zugrundegeht. Putin hat 2022 einmal die damalige Überlegung Chrustschows wiederholt, aber in völlig abgewandelter Form: Er sagte sinngemäß, dass eine Welt nicht wert wäre, weiterzuexistieren, in der es kein Russland mehr gibt. Damit ist alles ganz klar. Meines Erachtens haben das auch alle in der Liga, um die es geht, verstanden. Die Drohung ist wechselseitig und wechselseitig glaubwürdig und wir folglich auf des Messers Schneide.
In dieser Liga spielen die allermeisten keine Rolle, wie immer sie heißen.
Das bedeutet nicht, das ich ignoriere, dass die Erde reichlich bevölkert ist mit Irren, solchen, die mit geringem Verstand geschlagen oder lebensmüde sind. Wenn man sich aber fragt, wo der große blinde Hass, das Gift und die Zerstörungsphantasien herkommen, endet man immer in diesem Patt: Man KANN nicht, wie man will und würde doch so gerne. Deshalb ist es mE. auch so brandgefährlich.
PE: "Kennen wir eigentlich ähnliche Geschichte von Amerikanern?"
Öffentlich geworden ist z.B. der Fehlalarm 2018 auf Hawaii, der sogar erst als solcher eingestuft wurde nachdem(!) die Sirenen schon heulten. Der frühere US Verteidigungsminister William J. Perry berichtete in einem Interview [1], dass er von drei falschen Alarmen in den USA mit Gewissheit weiß, zwei davon während seiner Amtszeit. Im Fall, auf den er im Interview eingeht, hat ebenfalls die Klugheit des wachhabenden Offiziers die Katastrophe verhindert.
Für die USA ist auch bekannt, dass schon etliche Atombomben "verloren" gegangen sind und nicht mehr wiedergefunden oder geborgen werden konnten [2]. All dies hat William J. Perry dazu gebracht, das "William Perry Project" zu starten, um über die nicht beherrschbaren Risiken von Atomwaffen zu informieren [3].
Was ihn am meisten beunruhigt, ist, dass so wenige beunruhigt sind. Und da sind wir bei denen, die Sie als "Irre" in den niederen Liegen bezeichnen. Auch wenn die (hoffentlich) nicht zu denen gehören, die Bidens Teleprompter füttern, sondern nur zu denen, die davon ablesen, frage ich mich, worin sie ihre eigene Rolle sehen, wenn sie munter im globalen Porzellanladen Trampolin springen. Gehen sie davon aus, dass die "adults in the room" schon alles im Griff haben? Obwohl Adults wie William Perry (95 Jahre alt) selbst sagen, dass dem nicht so ist? Vielleicht sollte das Schulungsprogramm des William Perry Projects für alle Außenpolitiker verpflichtend gemacht werden.
Einer der vielen Punkte in Ihrer Argumentation scheint mir von zentraler Bedeutung zu sein, vielleicht sogar das geschilderte Geschehen von Anfang an (1990/91) massgeblich bestimmend:
Sie schreiben: "wer die eigenen Waffenarsenale gegen alle Vernunft bis zum Anschlag leert ...". Damit sie wieder gefüllt werden können/müssen. Der militärisch/industrielle Komplex hatte in dieser Umbruchzeit selbst in Amerika mit argen Zukunftssorgen zu kämpfen. Selbst Bush sen. wollte die militärischen Anstengungen runterfahren. Diese Situation war ja der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Wolfowitz- und, dahin aufgehend, der späteren Bush (jun.)-Doktrin in enger Zusammenarbeit mit dem damaligen Kriegsminister Dick Cheney.
Mir ist bisher nicht gelungen, tragfähige Hinweise auf die spezifische Motivlage oder die faktischen Antriebskräfte zu finden, die Clinton schliesslich dazu gebracht haben, die NATO-Erweiterung in Gang zu setzen. Ich bin davon überzeugt, dass die Nöte des MIC der entscheidende Punkt waren und dass diese Interessen auch bestimmend für die ewige Verlängerung der Kriegshandlungen in der Ukraine selbst sind. Ich glaube, das ist im Wesentlichen alles und dass das meiste, was sonst gemutmasst wird, pseudopolitisches Geschwafel ist, das den "Wirt" aus den Augen verloren hat.
Und vielen Dank für Ihren Beitrag insgesamt. Füllt wieder einige Lücken.
Dank, lieber Herr Hutter, das Entleeren strategischer Bestände ist, egal wie das Profitmotiv lautet, immer ein Indiz - und nie ein gutes.
Ich habe mich auch noch nicht durch alles durchgewühlt, was die US-Diskussion der Jahre im Zusammenhang mit der ersten Entscheidung zur NATO-Osterweiterung betrifft. Aber ich weiß, dass Clinton 1994 über eine NATO-Mitgliedschaft Russlands nachdachte. Das wurde mir in den USA gesagt (in Reaktion darauf, da ich dort diesen Vorschlag machte und die Reaktion kam nicht von irgendwem). Garnicht kenne ich mich in der Welt aus, die geheimdienstlich bevölkert ist, aber das, was der demokratische Abgeordnete Schumer 2017 sagte, muss man in Betracht ziehen. Das wird ja wohl nicht nur für Trump gegolten haben:
es mag sein, dass Clinton über eine NATO-Mitgleidschaft von Russland 1994 nachdachte. Unter Berücksichtigung der Situation damals in Russland kann das kaum ernstgemeint gewesen sein. Denn die USA hatten auch so praktisch alle Schlüsselbereiche im Russland Jelzins unter direkter Kontrolle.
Die Situation änderte sich nach Jelzin. Dennoch waren die USA auch dann nicht an einer NATO-Mitgliedschaft Russlands ernsthaft interessiert.
Im Jahre 2000 war Clinton zu Besuch in Russland. Putin fragte ihn, wie die USA sich verhalten würden, wenn Russland einen Antrag auf NATO-Mitgleidschaft stellen würden. Es gab seitens der USA weder während des Moskau-Besuchs Clintons noch später eine verbindliche Reaktion. Putin sprach darüber im Mai 2022:
Es gibt auch ein Video von einem Interview im Jahre 2000, in dem Putin allgemein darauf Bezug nimmt, wie Russland sich die Beziehungen zur NATO vorstellt bzw. worauf Russland großen Wert legt: Gleichberechtigung, Augenhöhe sind dazu die Stichworte. Also genau das, was die USA praktisch niemandem gewähren, da sie ja nach Obama exzeptionell sind mit all den Folgen.
Das ist wohl des Pudels Kern ... die angemaßte Exklusivität der USA und die Servilität ihrer Vasallen gehören radikal überwunden - dann gibt es für die Welt noch eine Chance.
Aber es sieht so aus, als ob wir diese Überwindung gerade miterleben! Die gegenwärtige Krise wird sehr, sehr weitreichende Folgen haben - für die Geopolitik, die Weltwirtschaft und ihr "Schmiermittel", für die Wechselbeziehungen zwischen den Staaten dieser Welt. Das weiß man auch in den USA, daher das verzweifelte sich Widersetzen. Aber wie man sieht, ziehen sogar die US-Geheimdienste nicht mehr blind mit, wenn Biden & Co. jegliche Zurechnungsfähigkeit vermissen lassen.
Die Darstellung und die Analyse der Entwicklung sind – wie immer – zutreffend und messerscharf. Um eine Fortsetzung der Katastrophe zu einer noch größeren zu vermeiden, bleibt nur der vorgeschlagene Weg.
Vor diesem Hintergrund ist es mir unbegreiflich, wie die ARD eine inhaltlich maximal einseitige Sendung mit dem volksverhetzenden Titel "Können wir Krieg?" produzieren konnte. Wie Albrecht Müller auf den Nachdenkseiten berichtet, ging es anschließend ähnlich weiter. https://www.nachdenkseiten.de/?p=95890 Aus Anzahl, Aufbau, Inhalt, Platzierung und visueller Aufbereitung der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg in den Öffentlich-Rechtlichen Medien und der Berichterstattung und Kommentierung in den sog. Qualitäts-Printmedien kann man eigentlich nur schließen, dass wir Deutschen auf eine militärische Auseinandersetzung in den europäischen Nato-Staaten vorbereitet werden sollen. Wie im ersten Kalten Krieg soll Europa der Kriegsschauplatz sein, auf dem weniger unsere Freiheit und unser Leben als der globale Machtanspruch der USA "verteidigt" werden soll. Für renommierte Vordenker amerikanischer Think Tanks, wie beispielsweise George Friedman, gehören Kriege zum "normalen" Leben, sind daher als "normal" zu akzeptieren. – Wir müssen uns endlich gegen diesen Wahn und seine Folgen wehren. Die massenhafte Unterstützung der von Frau Erler erstunterzeichneten Petition ist ein Mittel. Damit ist es jedoch nicht getan. Ein darüber hinausgehendes Engagement ist erforderlich.
Noch ein Wort zu Gerhart Baum. Ob er als Mensch tatsächlich Verehrung verdient, erscheint mir inzwischen recht zweifelhaft. Seine früheren Verdienste für den liberalen Rechtsstaat und die Einhaltung seiner Grundsätze sind nur ein Teil seiner politischen Bilanz. Der andere, neuere, besteht in katastrophalen Wissenslücken, dem Messen mit extrem unterschiedlichen Maßstäben und der daraus abgeleiteten Dämonisierung Putins samt deren Folgen. Baum erweckt den Eindruck eines verbitterten, besserwisserischen, fast schon fanatischen alten "weißen Mannes", dem das seinem Alter gemäße Qualitätsmerkmal "Weisheit" fehlt. Dieses ist beispielsweise dem noch älteren Klaus von Dohnanyi zueigen, der leider viel zu selten öffentlich zu Wort kommt – oder bei dieser Gelegenheit von einer anmaßenden Moderatorin Maischberger übel zensiert wird.
Aufgrund seines Bekanntheitsgrades und seines Ansehens müsste Gerhart Baum zurückhaltend und weise agieren und sich für eine humane und gerechte Lösung des Konflikts einsetzen. Das Gegenteil ist der Fall. Und das ist fatal. Denn wenn eine Frau Baerbock oder ein Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo sich kriegstreiberisch äußern, dann weiß der halbwegs informierte und kritische Leser, was er davon zu halten hat – nämlich nichts. Bei Gerhart Baum ist das anders. Deshalb sind seine Äußerungen zum Ukrainekrieg unverantwortlich und machen ihn zu einer Persönlichkeit, die es nicht verdient, verehrt zu werden.
Ein ausdrückliches Dankeschön für diesen brillanten Artikel!
Es gibt gerade ein sehr interessantes Gespräch auf dem ehemaligen Rubikon, jetzt Manova https://www.manova.news/artikel/osteuropaische-realitatsverzerrung , zwischen Walter van Rossum, Stefan Korinth, Kees van der Pijl und Jürgen Rose.
Da wird erstens ein Historiker zitiert, -leider habe ich den Namen nicht verstanden-, der anhand der Untersuchung früherer Kriege davon ausging, dass auch ein kriegerischer Angriff eine Verteidigung sein kann, wenn man die Vorgeschichte berücksichtigt. Und das erscheint mir in diesem Falle durchaus gegeben, die Russen hatten schlicht nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, mal abgesehen davon, dass das Israel ja unwidersprochen permanent für sich geltend macht, wovon zumindest in den letzten 50 Jahren keine Rede mehr sein kann. Und zweitens, dass diese NATO-Osterweiterung eigentlich sich in erster Linie gegen Deutschland richte, indem der Schwerpunkt Europas nunmehr auf extrem antirussische Staaten direkt an der russischen Grenze verlagert wird.
Die widerliche Bigotterie in D wurde gerade wieder deutlich an dem medialen Gejaule über die böse antisemitische Demo (wie solche Bilder zustande kommen, wissen wir im übrigen inzwischen zur Genüge oder auch mal ein paar Agents provocateurs eingeschleust?!), wo wieder über Konsequenzen nachgedacht werden soll, aber ein rechtsradikaler ukrainischer Schriftsteller, dessen Texte nur so triefen vor Verächtlichmachung und Entmenschlichung von Russen erhält den FRIEDENSPREIS des deutschen Buchhandels.
Es wäre nur noch anödend, wenn man nicht ständig den Eindruck hätte, Deutschland und seine Bürger sollen wieder kriegstauglich und kriegsbereit gehirngewaschen werden.
Und noch ein Zitat aus einem Artikel von Ted Snider: Von den Anfängen der völkermörderischen Expansion des Westens bis heute gibt es ein klares, ungebrochenes historisches Muster, nach dem die USA Friedenspläne ausschlagen, um höhere Ziele zu verfolgen. (wobei ich die Ziele eher als (ethisch) niedrig bewerten würde. C.) https://antikrieg.com/aktuell/2023_04_11_sieglauben.htm
Danke, liebe Columba, für beide links. Da wir schon so lange miteinander hier diskutieren, zögere ich fast nochmals zu sagen, was Russland betrifft: Es hat den Krieg nicht gewollt, aber es hat ihn als politisches Mittel gewählt (und wie erkennbar ist, auch gut vorbereitet). Meines Erachtens besteht der Fehlschluss so einiger darin, das nun entweder kleinzureden oder zur Grundlage einer völligen Politik-Korrektur zu machen.
Das Problem scheint mir zu sein, dass der Krieg, der ein klarer Stellvertreter-Krieg ist, spätestens im April 2022 über seine originären (von Russland) verfolgten Ziele hinauswuchs und nunmehr zwei Nuklearstaaten betrifft. Im Februar 22 hatte Russland behauptet, es ginge um seine Existenz. Das war klar (noch) nicht der Fall. Aber die westlichen Reaktionen haben mE. diese Sichtweise Moskaus im Nachhinein legitimiert und so wird der nicht nur militärisch geführte Kampf um "Siegfrieden" zur russischen Sicherheitsfrage/Existenzfrage, aber gleichzeitig auch zur amerikanischen Sicherheitsfrage (denn die glauben, US-Sicherheit sei nur gewährleistet, wenn es niemanden anderen neben ihnen gibt.) Hier stoßen zwei Doktrinen aufeinander (egal, was wir davon halten) und wenn die ausgefochten werden sollten, dann sind wir alle ohne Zukunft. Politik und Mainstream vermeiden aktuell alles, dass das mehrheitlich öffentlich klar wird und daran interessiert, dass wir uns in falschen oder Schein-Konflikten verkämpfen und glauben, eine Sorge vor einem nuklearen Konflikt wäre russiche Infiltration oder pathologische Angst oder was auch immer.
Laut einem Artikel in der Berliner präsentiert sich Rheinmetall, u.a. der deutsche Panzerlieferant selbst als "ein integrierter Technologiekonzern für umweltschonende Mobilität." Und damit ist fast alles darüber gesagt, wie Wirklichkeit heute verzerrt und auf den Kopf gestellt wird. Dank der Berliner Zeitung allerdings in dem Fall aufgedeckt.
Wenn man das Interview mit Jaques Baud liest, liebe Frau Erler, dann hat man nicht den Eindruck, dass Russland seine Ziele erweitert hat. https://overton-magazin.de/top-story/pentagon-leaks-wie-gut-kennt-das-pentagon-die-kriegslage-in-der-ukraine/
Zitat:
"Meines Erachtens haben die Russen aus dem, was die Deutschen während des Zweiten Weltkriegs entwickelt haben, sehr viel gelernt. Und heute sind die Russen die Meister in dieser Kunst.
Wenn das stimmt, warum kommen sie da nicht schneller voran?
Jacques Baud: Weil sie nicht wollen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Ziel der Russen nicht darin bestand, Territorium einzunehmen, sondern die Bedrohung der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass zu zerstören. Das hat Wladimir Putin gesagt, als er von „Entmilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ sprach. Es ging darum, das militärische Potenzial (Demilitarisierung) und die fanatischen Truppen, die gegen die Bevölkerung eingesetzt wurden (Entnazifizierung), zu zerstören. Das Ziel der „Entnazifizierung“ wurde mit der Eroberung von Mariupol Ende März 2022 offiziell erreicht. Es gibt eine Dissymmetrie: Die Ukrainer verteidigen ein Territorium, während die Russen versuchen, ein Potenzial zu zerstören. Im Oktober letzten Jahres erklärte der russische General Surowikin, Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte in der Ukraine, dass sein Ziel nicht darin bestehe, große mobile Operationen durchzuführen, sondern das Potenzial der Ukraine zu zerschlagen. Weil wir nicht bereit waren, diese Dissymmetrie zu verstehen, verliert die Ukraine heute!"
Das heißt aber eben nicht, dass sie im Falle einer wirklich existenziellen Bedrohung nicht zu einer ultimativen Waffe greifen.
Aber wie immer finde ich Bauds nüchterne Betrachtungen sehr interessant.
Ich auch, liebe Columba. Und ich stimme der Analyse von Baud auch zu, bin aber gleichzeitig der Meinung, das der verhandlungswillen auf der russischen Seite bis 4/22 real war.
"Das Ziel der „Entnazifizierung“ wurde mit der Eroberung von Mariupol Ende März 2022 offiziell erreicht."
Ich denke, hier irrt Baud, und das gewaltig. Die Entnazifizierung, also die Beseitigung einer Ideologie, ist nicht mit der Vernichtung einer Kampfeinheit getan. Das zeigen die Historie aber auch die Ereignisse in der Ukraine.
Hallo Columba,
der im Gespräch besprochene Historiker ist der folgende:
Professor Dr. Klaus Gestwa, Osteuropäische Geschichte und Landeskunde
Uni Tübingen.
Machiavelli sagte vor 500 Jahren: "Nicht wer zuerst zu den Waffen geift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt."
Die westliche Politik weiß das natürlich auch, und selbst das Völkerrecht berücksichtigt eine derartige Konstellation. Nicht umsonst wird ja auf allen westlichen Kanälen getrommelt: "Der russische Einmarsch ist unprovoziiert ...."
Das ist klar, das weiß ich, René. Es wird ein Professor zitiert, ich glaube von Jürgen Rose, dessen Buch dann offenbar nur in einer Auflage und nur auf Deutsch veröffentlicht wurde, wohl auch, weil er die Ursprünge der beiden Weltkriege untersuchte und da wahrscheinlich z.T. zu einer anderen Auffassung kam als die gängige Geschichtsschreibung.
Ach ja, der Ex-Österreicher... Aber den Namen habe ich leider nicht.
Als ich mich letztes Jahr kurz mal zu Lanz verirrte und dort Baum mit Brandt streiten sah, war fuer mich klar, dass er und seine Mitfanatiker mittlerweile auf einem völlig anderen Planeten leben als ich.
Er bezeichnete dort allen Ernstes die NATO Osterweiterung als völlig unproblematisch fuer Russland, weil die NATO ja kein aggressives Bündnis sei.
Was soll man solchen Leuten und darauf noch entgegnen?
Ich weiß, wie Sie es meinen, JayBee - und nutze es trotzdem, um zu sagen:
Da wir alle den gleichen Planeten bevölkern, bleibt nichts übrig, als es immer wieder zu versuchen, mit Fakten, mit der Darlegung nachprüfbarer geschichtlicher Zusammenhänge... und dann muss man sehen, ob Nachdenken einsetzt und wie sich Meinungen formen. Aber man muss es versuchen, immer wieder.
Liebe Frau Erler,
ich habe den Eindruck, das Schreiben dieses Artikels fiel Ihnen sehr schwer.
Sie machten Ihre Replik an dem Baum-Artikel fest und versuchen - so mein Eindruck - diesen kritisch beleuchtend den Appell für den Frieden anwaltlich zu verteidigen.
Mich erfasst zunehmend der Gedanke, ja die wachsende Überzeugung, dass an diesem Krieg in der Ukraine das sogenannte Europa - gemeint ist das, was sich immer gern als "Europa", also das "politische Europa" - zerbrechen wird. Und möge mir bitte niemand sagen, das war Putins Plan oder hinterher, der Putin war´s. Möglicherweise wird es dann einfacher, eine für alle akzeptable Friedenslösung zu finden. ...
Ob Baum oder die Initiatoren des Friedens-Aufrufs, alle gehen nach wie vor - ob nun offensichtlich oder eher subtil - von der Fiktion aus: "Wir sind die Guten! Und wenn wir nun nach Frieden rufen, dann haben sich bitte schön alle unseren edlen Zielen unterzuordnen. Ob das nun China, Indien, Brasilien sind." Russland spricht diesbezüglich niemand mehr an, außer als Aggressor, obwohl Russland im März/April 2022 bereit war, einen von der Ukraine vorgelegten Waffenstillstandsvertrag zu unterzeichnen. Der Westen, USA, GB, NATO, wollten das nicht und schickten Johnson, um diesen Vertrag zu verhindern.
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Diese offenbar unausrottbare westliche Arroganz gipfelt im Aufruf in dem Satz: "Wir ermutigen den Bundeskanzler, zusammen mit Frankreich insbesondere Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen, um schnell einen Waffenstillstand zu erreichen."
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Ausgerechnet Scholz und Makron werden "ermutigt", initiativ zu werden, um eine Vermittlung zu ermöglichen. ... Das ist schon bizarr. Wer soll denn diese beiden Amtsträger ernst nehmen? Haben die Unterzeichner des Aufrufs denn vergessen, wie Scholz und Macron im Februar 2022 im Kreml auftraten? VOR dem Krieg. Und nach seinem Beginn?
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Von einem Willen zur Verständigung war in deren Auftreten nicht mal im Kleingedruckten etwas zu spüren. Anmaßung pur hingegen in jedem Zoll. Und als Putin von den Toten des Donbass sprach, dem gezielten Mord an wehrlosen Zivilisten über Jahre hinweg, da fand sich auf dem Gesicht eines Scholz nur ein, ja, man muss es so nennen, dämonisches Grinsen. Wer es nicht glaubt, kann es sich gern im Internet anschauen. Macrons Erscheinen war nicht weniger unangemessen. Und letzterer hat ja erst vor wenigen Tagen in China noch mal in einer Art und Weise nachgelegt, die kein Chinese so schnell vergessen wird ...
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Um es ganz klar und deutlich zu sagen: Scholz und Macron gaben durch ihre "Auftritte" zu verstehen: Eure Meinung interessiert uns nur, wenn Ihr unsere als Eure annehmt.
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Und nun werden diese beiden in ihren Ämtern völlig überforderten Figuren aufgefordert, mit den Führern von Nationen zu verhandeln, die über Jahrhunderte hinweg in und durch ihre Kulturen dazu erzogen wurden, Verhandlungen so zu führen, dass jeder Seite immer das Gesicht gewahrt bleibt. ...
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Die aufgeforderten westlichen Amtsträger sind durch ihr anmassendes persönliches Auftreten für diese Aufgabe einerseits in ihrer Person völlig disqualifiziert. Zum anderen haben die von ihnen vertretenen Staaten durch ihr Handeln nicht im Mindestens zu verstehen gegeben, dass sie tatsächlich Frieden wollen.
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Der "Aufruf: Frieden schaffen!" wird keinen großen Erfolg haben, so gut er gemeint ist und so sehr die Welt auch Frieden dringend braucht. Solange jeder, der nach Frieden ruft, diesen Ruf in einer schon reflexhaften Weise mit der "russischen Aggression" zu verbinden müssen meint, um überhaupt irgendein Gehör zu finden, kann er der damit verbundenen komplexen Gemengelage wohl kaum gerecht werden.
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Für einen erfolgreichen Friedensaufruf bedarf es anderer Formulierungen. Und es bedarf vor allem anderer, glaubwürdiger Boten, die ihrerseits glaubwürdige Vermittler dazu bewegen können, diese Rolle im Namen einer Zukunft der Menschheit übernehmen zu können.
Das offizielle deutsche politische Personal hat sich für beide Posten allumfassend und nachhaltig disqualifiziert. Und das sehr wahrscheinlich für eine sehr lange Zeit. ...
Lieber Herr Zittlau, ich habe diesen Artikel geschrieben, weil es mit jedem Tag dringlicher wird, das, was der Aufruf fordert, das Prinzip der kollektiven Sicherheit auf dem Verhandlungsweg zu verwirklichen. Die Formulierungen dazu im Aufruf sind richtig und notwendig. Ich habe ihn auch geschrieben in der Hoffnung, dass die deutsche Regierung ihrer Verantwortung dafür nachkommt. Denn wir sind durch unsere Geschichte in der Pflicht, vom Grundgesetz ganz zu schweigen.
In der Washington Post wurde jüngst aus den "Pentagon-Leaks" zitiert: Danach ist jeder Tag, der weiter kriegerisch vergeht, ein Vorteil für Russland. Es ist ein Abschlachten von völlig unvorbreiteten Menschen, die an die Front geworfen werden. Das kann in der Wapo auch nachlesen werden: Die Ukraine kann nicht militärisch gewinnen, nicht aus eigener Kraft. Aber selbst wenn das Umgekehrte stimmen sollte - In jedem Fall ist die Frage die gleiche: Was dann? Dieses Dann ist entweder, aus der Tragödie etwas Gutes erwachsen zu lassen: eine stabile Sicherheitsordnung im Geist von Paris 1990 oder wir rutschen in die direkte Konfrontation und es endet nuklear. Das sind die beiden Optionen. Darüber kann es gar keine Illusionen mehr geben. Und das "Zeitfenster" (wie man so schön in der Politik sagt) die nukleare Auslöschung zu verhindern, schließt sich bereits. Umgangssprachlich: wir haben fast keine Zeit mehr. Und das Dumme ist, hierzulamnde scheinen zuviele Leute zu glauben, die Bedrohung wäre ein fake oder russiche Desinformation.
Liebe Frau Erler,
ich kann sehr gut nachvollziehen, warum Sie den Artikel geschrieben haben. Auch ich habe Angst. Angst, dass der Krieg in der Ukraine sich zu einem großen Krieg auswächst. Dann wird er nicht auf Europa beschränkt bleiben, dann wird er die Welt in Schutt und Asche legen, womöglich für immer.
Sie werden sicher gemerkt haben, dass ich Ihre Art zu schreiben, schätze. Sie werfen die wichtigen Themen in den Ring und es macht mich wütend zu sehen, dass diese Themen im Mainstream praktisch keine Rolle spielen - d.h., sie spielen eine Rolle, jedoch nur unter dem Blickwinkel der Regierenden. Dabei sind Ihr Duktus, Ihre Wortwahl ausgewogen, wohlüberlegt. Doch in der FAZ oder SZ, geschweige denn der ZEIT von heute ist für diese Ihre Ausgewogenheit überhaupt kein Platz.
Meine Interpretation: Weil dafür kein Platz zu sein hat, kein Platz sein soll!
Wenn wir davon ausgehen, dass diese Diagnose nicht komplett falsch ist, ist die nächste logische Frage: Warum ist das so? Und dann: Wer ist dafür verantwortlich?
Tja, die Antworten auf diese Fragen gehen dann sehr weit auseinander, je nach Standpunkt des Antwortenden. Und meine Lebenserfahrung sagt mir, dass diese Antworten zuallererst bestimmt werden .... von Brecht: "Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral.“
Was meine ich damit? Ein Aufruf für Frieden in dieser Zeit muss sich an jede richten, die ich befähigt dafür halte, einen entscheidenden Beitrag zu leisten, Frieden tatsächlich erreichen zu WOLLEN! Der Adressat muss also nicht nur qua Amt die Mittel haben, er muss vor allem anderen GEWILLT sein, dieses Ziel – Frieden – unbedingt erreichen zu wollen.
Die deutsche Regierung hat in den Monaten und Jahren vor dem Krieg bewiesen und öffentlich zugegeben (!!), dass sie an einem Frieden in der Ukraine nur zu NATO-Bedingungen interessiert ist, Krieg zu dessen Erreichung inklusive.
Es gab viele Möglichkeiten, als deutsche Regierung Verantwortung in des Wortes wahrer Bedeutung zu übernehmen, um die Welt von der Friedfertigkeit dieses Landes, von einem ehrlichen Friedenswillen Deutschlands zu überzeugen! Also Verantwortung für das eigene Volk und die Welt zu übernehmen. Also die Sonntagsreden nicht nur zu halten, sondern sie zu LEBEN! Eine gute Basis dafür hätte die von Ihnen erwähnte Charta von Paris sein können. Vielleicht war sie es damals. Doch wenn ich mir den Punkt „Sicherheit“ dieses Dokuments anschaue und vergleiche, was sich seither getan hat, dann stelle ich erst einmal nüchtern fest: Die Charta ist in diesem Punkt nicht mal mehr das Papier wert. Der „Geist der Charta“ ist auf und davon... Es fällt nicht schwer zu ergründen, wer den Geist hat ziehen lassen:
„Wir bekräftigen die Bedeutung der Initiative "Offener Himmel" und rufen dazu auf, diese Verhandlungen so rasch wie möglich erfolgreich abzuschließen.“
So steht es dort geschrieben. Und, wer hat alles dafür getan, den „Offenen Himmel“ ganz bewusst platzen lassen? Russland war es nicht!
Und so könnte ich die von den USA bewusst zerstörten Abrüstungsverträge durchgehen, den Verrat Deutschlands an Minsk-2, den institutionalisierten Unwillen des Westens, Sicherheit auch nur im Brainstorming anders zu buchstabieren und zu definieren als auf US-amerikanisch. Schauen Sie sich an, was aus der OSZE gemacht wurde.
Die Bedrohung des Friedens ist – wenn ich mir das Gesamtbild vor Augen halte – also ein Produkt des Westens.
Sie zitieren die Washington Post: Jeder weitere Kriegstag ist ein Vorteil für Russland. Militärisch ist das sehr wahrscheinlich so. Doch meint das Sprachrohr des Pentagon das?
Vor wenigen Tagen wandte sich der US-Generalstabschef Mark Milley an den Kongress. Sinngemäß gab er zum besten: Wir haben der Ukraine bisher 50 Mrd. $ Militärhilfe gegeben, aus eigenen Beständen. Um das auszugleichen braucht das Pentagon 300 Mrd. $ sofort und eine Verdopplung des Militärbudgets im Jahre 2024.
Das sind die Vorstellungen der führenden NATO-Macht dazu, wie man das Thema Ukraine „regeln“ kann.
Ich bleibe dabei: Mit dieser vor den USA in jeglicher Hinsicht kuschenden deutschen Regierung wird es keinen Frieden in der Ukraine geben. Denn Frieden im Sinne einer politischen Ordnung, die ALLE betroffenen Seiten akzeptieren können, ist von NATO und EU überhaupt nicht gewollt. Und deshalb bedarf es anderer Aufrufe und anderer Adressaten für eine Friedenspolitik.
Entschuldigen Sie bitte die Länge. Ich verspreche Besserung.
Bitte: keine Entschuldigung: Dafür ist dieser Blog der "Leuchtturmwärterin" auch da. Wir reden, wir diskutieren, analysieren, hoffen, irren, reden weiter und solange leuchten die Feuer. Und ich/ wir werden sie nicht verlöschen lassen, nicht wahr?
Solange sie lodern, sind wir.
Ihrer Analyse und Kritik muss ich leider zustimmen.
Bleibt nur die Frage, was sich daraus als Konsequenz ergibt.
Was sollen wir als friedliebende, kritische und besorgte Bürger KONKRET unternehmen, um den Krieg zu beenden und einen längerfristigen Frieden herbeizuführen?
Wir können nur immer und immer wieder mit nachprüfbaren Fakten argumentieren und versuchen, Stück für Stück die Wahrheit ans Licht zu holen.
Ein Mittel, was oft erstaunliche Wirkung zeigt, sind Zeitleisten. Also die exakte zeitliche Einordnung der Ereignisse.
Das hilft zwar nicht unmittelbar den Krieg zu beenden. Es hilft jedoch, Klarheit über Ursache und Wirkung zu schaffen, was wiederum die Basis für jegliche tragfähige Bewertungen und in der Folge von Lösungsansätzen darstellt
Doch machen wir uns nichts vor: Die heutige Situation wurde über Jahrzehnte von sehr mächtigen politischen Gruppen geschaffen, nicht nur in D. Eine nachhaltige "Anti"-Stimmung zu schaffen ist schon allein auf Grund dieser Konstellation sehr, sehr schwer.
Der derzeitige Bundestag scheint mir Lichtjahre entfernt von einem ehrlichen Friedenswillen. Der setzt u.a. voraus, sich in die Denkweise ALLER Konfliktparteien hineinversetzen zu WOLLEN und zu KÖNNEN.
https://antikrieg.com/aktuell/2023_04_15_dernatobeitritt.htm
Hier ist ein interessanter, aber sehr beunruhigender Artikel zum Nato -Beitritt von Finnland, in dem auch die Vorgeschichte Finnlands bzgl. der SU beschrieben wird, die mir so nicht geläufig war. Und es wird bald ein gigantisches Manöver an der russischen Grenze stattfinden;
Zitat:
In wenigen Wochen beginnt die NATO mit den größten Militärspielen in der Geschichte der Organisation seit ihrer Gründung im Jahr 1949. An der Übung Air Defender werden mehr als 220 Kampfflugzeuge und 10.000 Soldaten aus 24 Ländern, darunter auch Finnland, teilnehmen. Es wird die größte Verlegung von US-Soldaten nach Europa seit dem Ende des Kalten Krieges sein. Der amerikanische Kommandeur, Generalleutnant Michael Loh, sagte zu den Übungen: "Damit wird das Bündnis jetzt schnell und mit einer glaubwürdigen Truppe zusammengeführt, um sicherzustellen, dass wir bereit sind, wenn Russland jemals an der NATO-Grenze auftaucht."
Die Behauptung, Russland plane einen Angriff auf ein europäisches Land, ist eine absurde Propaganda. Die Amerikaner und ihre Verbündeten fantasieren hier über ihre eigene Projektion und stellen eine sich selbst erfüllende Prophezeiung auf. Wenn also Russland an der Grenze zu Finnland aufmarschiert, wird das als "russische Aggression" gewertet?
Ja Columba, ein Zyniker würde sagen: "The same procedure as every year". Doch genau so ist es. Die USA betreiben ihre NATO-Expansion und die damit verbundenen Drohgebärden weiter und weiter und weiter ... Leider. Sie verstehen nur die Sprache der Stärke.
Das finnische BIP hing bis zum NATO-Beitritt zu 50-60% direkt oder indirekt an Im- und Exporten nach oder aus Russland. Das ändert sich gerade deutlich, auf Grund der Struktur des Warenaustausches vor allem zum Nachteil für Finnland.
Hier ein interessantes Interview mit Douglas Macgregor.
https://www.youtube.com/watch?v=NxB2iM_JCEU
Dabei beschreibt er klar und deutlich, wer der Schläger auf dem Schulhof ist.
Zu Finnland noch das:
Die Sowjetunion hatte auf Grund der in Ihrem Artikel beschriebenen historischen Ereignisse einen Flottenstützpunkt bis in die 50-er Jahre hinein. Dann gab ihn die SU auf, als Zeichen des guten Willens und auf Grund der guten Beziehungen zu Finnland.
Heute bedauert Russland diesen und andere Schritte des Entgegenkommens.
Bravo!
Ganz abgesehen davon, dass mir bisher (trotz vielfältiger Nachfrage) noch niemand erklären konnte, was beim Eintritt Russlands in den Krieg der Kiewer Ukraine gegen den Donbass so "eindeutig völkerrechtswidrig"sein soll (Art. 51 UN-Charta ist da etwas ausgewogener)
Danke!!!!
Das ist der Text von Art 51 und er ist eindeutig: Er bindet das Selbstverteidigungsrecht eines Mitgliedes der VN an einen bewaffneten Angriff gegen das betreffende Mitglied.
Die beiden Donbass-Republiken waren abtrünnig, und kein Mitglied der VN. Eine russische Anerkennung ersetzt das nicht.
Also hatte Russland nicht die völkerrechtliche Ermächtigung, deren Gesuch nach militärischem Beistand nachzukommen.
Kampfhandlungen im Inneren eines Landes, wie im Fall der Ukraine, unterfallen nicht der UN-Charta, Art 51.
Umgekehrt ermächtigt dieser Artikel die Ukraine zur Verteidigung.
"Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht, jederzeit die Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für erforderlich hält."
Ich komm' zwar nicht wie die Koryphäe der deutschen Außenpolitik vom's Völkerrecht, aber entgegne Ihnen (im gemeinsamen Ringen um Klarheit) gern:
1. Selbstverständlich kann die UN korrekterweise nur etwas festlegen, das für UN-Mitglieder zutrifft - daher, völlig korrekt, "...gegen ein Mitglied der VN...". Nicht-VN-Mitglieder fallen einfach nicht unter deren Jurisdiktion.
Gleich anschließend: das NATURGEGEBENE Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung, naturgegeben heißt klipp und klar universell gültiges Recht (ob Mitglied der VN oder nicht).
2. Wir waren uns schon mal einig, dass das Kiewer Putschistenregime unter Turtschinow mit der "ATO" einen blutigen Bürgerkrieg gegen den Donbass entfesselt hat. Dieser (in Gestalt der zwei Republiken) hat sich durch Volksentscheid von der Ukraine getrennt - was jahrelang durch Russland NICHT anerkannt wurde. Dennoch waren die Republiken mit ihrer Proklamation natürlich objektiv Völkerrechtssubjekte.
3. Mit der Anerkennung dieser Völkerrechtssubjekte konnte Russland endlich den beiden Republiken in ihrem Kampf gegen die Kiewer Clique beistehen, was wohl unter dem naturgegebenen Recht auch kollektiver Selbstverteidigung zu verstehen ist.
4. "...bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat...". Hat es zur Frage der Völkerrechtswidrigkeit oder überhaupt zum Ukraine-Konflikt einen Beschluss des Sicherheitsrates gegeben? Nicht dass ich wüsste. Oder wer entscheidet das sonst?
Also ist Russlands Beistand für die (ehemaligen) Donbass-Republiken nach wie vor völkerrechtlich gedeckt.
Wo irre ich da?
Hier ist eine rechtliche Würdigung eines ehemaligen Richters am Bundesverwaltungsgericht, die mich überzeugt. Sie erfolgte wegen der Novellierung des deutschen Rechts, das ihm in Punkten inkompatibel mit der UN-Charta erscheint (siehe Ausführungen zu "humanitären Interventionen").
https://www.humanistische-union.de/publikationen/vorgaenge/217-vorgaenge/publikation/der-unerfuellte-verfassungsauftrag-des-artikels-26-absatz-1-grundgesetz/
Genau:
"Nach Abs. 1 des Art. 8-bis RömSt erfordert die Strafbarkeit eines „Verbrechens der Aggression“ die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung einer Angriffshandlung, „die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt …“".
Ohne Verstoß gegen die UN-Charta auch keine Strafbarkeit nach Römischem Statut bzw. §13 VStGB. Entscheidend ist also die Würdigung des Art. 51 UN-Charta - dazu habe ich bereits argumentiert.
Zuerst haben sich die Donbass-Republiken für Selbständig erklärt, nach dem Sezessionsrecht.
Danach wurden Verträge über Freundschaft und gegenseitigen Beistand geschlossen, auf deren Grundlage sich diese neuen Staatengebilde an Russland um Hilfe wandten.
Dem kam Russland nach.
Das erfolgte alles binnen weniger Tage, nach dem 20.02.2022.
Hat im Westen irgendjemand die Ukraine ernsthaft unter Druck gesetzt auf Grund der seit dem 16.02.2022 nochmals enorm intesivierten Artillerieangriffe der Ukraine auf den Donbass? Die OSZE hatte die Daten öffentlich gemacht. Was wurde vom Westen unternommen?
Danke.
Danke für den Artikel. Und auch für den Hinweis auf den Appell. Das tragische (oder je nach Sicht: bequeme) an einer Eskalation ist ja, dass sie den Scharfmachern auf beiden Seiten Recht gibt. Vielleicht muss man es an einem Punkt noch deutlicher sagen: Das von Melnyk, Nuland und anderen erträumte Kriegsziel ist das Herbeiführen der einzigen Situation, in der die russische Militärdoktrin den Einsatz von Kernwaffen vorsieht. Darauf hat Wolfgang Schwarz kürzlich im Blättchen hingewiesen: https://das-blaettchen.de/2023/03/bei-existenzgefaehrdung-%e2%80%93-atomkrieg-65215.html
Und zur Unterstreichung der Warnung der geschätzten Bloggerin vor einer permanenten Konfrontation, "Triefend vor Hass, bis an die Zähne bewaffnet, immer in Angst, eine Seite könnte die Nerven verlieren, etwas falsch interpretieren, Mensch oder Technik versagen", sei daran erinnert, dass wir diese Situation in den 1980er bereits nur um Haaresbreite überlebt haben. Einer der damaligen Vorfälle ist hier in einem Lied beschrieben: https://youtu.be/Gx6m3bkmbhY
Danke, lieber Krysztof! Auch für das würdige Lied - Es gab ja noch einen anderen Vorfall auf zwei sowjetischen U-Booten. Da fällt mir auf: Kennen wir eigentlich ähnliche Geschichte von Amerikanern?
Zum Schwarz-Artikel: Im Zusammenhang mit der Kuba-Krise beschreibt Ellsberg, dass damals die Amis nicht wussten, dass die Sowjetunion schon Atomwaffen auf Kuba hatte, und Chrustschow hoch alarmiert war, dass ein US-Angriff auf Kuba im unkontrollierbaren Debakel enden könnte - er hat also Kennedy gesagt, wie die Lage ist und mit ihm verhandelt - Rückzug gegen Rückzug und Kennedy sogar das Image des Siegers gelassen. Er sagte, dass NICHTS es wert wäre, dass die Erde zugrundegeht. Putin hat 2022 einmal die damalige Überlegung Chrustschows wiederholt, aber in völlig abgewandelter Form: Er sagte sinngemäß, dass eine Welt nicht wert wäre, weiterzuexistieren, in der es kein Russland mehr gibt. Damit ist alles ganz klar. Meines Erachtens haben das auch alle in der Liga, um die es geht, verstanden. Die Drohung ist wechselseitig und wechselseitig glaubwürdig und wir folglich auf des Messers Schneide.
In dieser Liga spielen die allermeisten keine Rolle, wie immer sie heißen.
Das bedeutet nicht, das ich ignoriere, dass die Erde reichlich bevölkert ist mit Irren, solchen, die mit geringem Verstand geschlagen oder lebensmüde sind. Wenn man sich aber fragt, wo der große blinde Hass, das Gift und die Zerstörungsphantasien herkommen, endet man immer in diesem Patt: Man KANN nicht, wie man will und würde doch so gerne. Deshalb ist es mE. auch so brandgefährlich.
PE: "Kennen wir eigentlich ähnliche Geschichte von Amerikanern?"
Öffentlich geworden ist z.B. der Fehlalarm 2018 auf Hawaii, der sogar erst als solcher eingestuft wurde nachdem(!) die Sirenen schon heulten. Der frühere US Verteidigungsminister William J. Perry berichtete in einem Interview [1], dass er von drei falschen Alarmen in den USA mit Gewissheit weiß, zwei davon während seiner Amtszeit. Im Fall, auf den er im Interview eingeht, hat ebenfalls die Klugheit des wachhabenden Offiziers die Katastrophe verhindert.
Für die USA ist auch bekannt, dass schon etliche Atombomben "verloren" gegangen sind und nicht mehr wiedergefunden oder geborgen werden konnten [2]. All dies hat William J. Perry dazu gebracht, das "William Perry Project" zu starten, um über die nicht beherrschbaren Risiken von Atomwaffen zu informieren [3].
Was ihn am meisten beunruhigt, ist, dass so wenige beunruhigt sind. Und da sind wir bei denen, die Sie als "Irre" in den niederen Liegen bezeichnen. Auch wenn die (hoffentlich) nicht zu denen gehören, die Bidens Teleprompter füttern, sondern nur zu denen, die davon ablesen, frage ich mich, worin sie ihre eigene Rolle sehen, wenn sie munter im globalen Porzellanladen Trampolin springen. Gehen sie davon aus, dass die "adults in the room" schon alles im Griff haben? Obwohl Adults wie William Perry (95 Jahre alt) selbst sagen, dass dem nicht so ist? Vielleicht sollte das Schulungsprogramm des William Perry Projects für alle Außenpolitiker verpflichtend gemacht werden.
[1] https://www.npr.org/2018/01/16/578247161/ex-defense-chief-william-perry-on-false-missile-warnings
[2] https://original.newsbreak.com/@hdogar-1600145/2865107163158-how-did-the-u-s-lose-six-of-its-nuclear-weapons
[3] https://www.wjperryproject.org/
An den Vorfall auf Hawaii hat Tulsi Gabbard jüngst auf der Demonstration "Rage against the War Machine"(19.02.) erinnert.
https://www.youtube.com/watch?v=YAJNZhg547c
DANKE für das großartige Lied, Krysztof!
Wieder mal, geehrte Frau Erler –
Einer der vielen Punkte in Ihrer Argumentation scheint mir von zentraler Bedeutung zu sein, vielleicht sogar das geschilderte Geschehen von Anfang an (1990/91) massgeblich bestimmend:
Sie schreiben: "wer die eigenen Waffenarsenale gegen alle Vernunft bis zum Anschlag leert ...". Damit sie wieder gefüllt werden können/müssen. Der militärisch/industrielle Komplex hatte in dieser Umbruchzeit selbst in Amerika mit argen Zukunftssorgen zu kämpfen. Selbst Bush sen. wollte die militärischen Anstengungen runterfahren. Diese Situation war ja der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Wolfowitz- und, dahin aufgehend, der späteren Bush (jun.)-Doktrin in enger Zusammenarbeit mit dem damaligen Kriegsminister Dick Cheney.
Mir ist bisher nicht gelungen, tragfähige Hinweise auf die spezifische Motivlage oder die faktischen Antriebskräfte zu finden, die Clinton schliesslich dazu gebracht haben, die NATO-Erweiterung in Gang zu setzen. Ich bin davon überzeugt, dass die Nöte des MIC der entscheidende Punkt waren und dass diese Interessen auch bestimmend für die ewige Verlängerung der Kriegshandlungen in der Ukraine selbst sind. Ich glaube, das ist im Wesentlichen alles und dass das meiste, was sonst gemutmasst wird, pseudopolitisches Geschwafel ist, das den "Wirt" aus den Augen verloren hat.
Und vielen Dank für Ihren Beitrag insgesamt. Füllt wieder einige Lücken.
Mit freundlichem Gruss,
Martin Hutter
Dank, lieber Herr Hutter, das Entleeren strategischer Bestände ist, egal wie das Profitmotiv lautet, immer ein Indiz - und nie ein gutes.
Ich habe mich auch noch nicht durch alles durchgewühlt, was die US-Diskussion der Jahre im Zusammenhang mit der ersten Entscheidung zur NATO-Osterweiterung betrifft. Aber ich weiß, dass Clinton 1994 über eine NATO-Mitgliedschaft Russlands nachdachte. Das wurde mir in den USA gesagt (in Reaktion darauf, da ich dort diesen Vorschlag machte und die Reaktion kam nicht von irgendwem). Garnicht kenne ich mich in der Welt aus, die geheimdienstlich bevölkert ist, aber das, was der demokratische Abgeordnete Schumer 2017 sagte, muss man in Betracht ziehen. Das wird ja wohl nicht nur für Trump gegolten haben:
https://thehill.com/homenews/administration/312605-schumer-trump-being-really-dumb-by-going-after-intelligence-community/
Liebe Frau Erler,
es mag sein, dass Clinton über eine NATO-Mitgleidschaft von Russland 1994 nachdachte. Unter Berücksichtigung der Situation damals in Russland kann das kaum ernstgemeint gewesen sein. Denn die USA hatten auch so praktisch alle Schlüsselbereiche im Russland Jelzins unter direkter Kontrolle.
Die Situation änderte sich nach Jelzin. Dennoch waren die USA auch dann nicht an einer NATO-Mitgliedschaft Russlands ernsthaft interessiert.
Im Jahre 2000 war Clinton zu Besuch in Russland. Putin fragte ihn, wie die USA sich verhalten würden, wenn Russland einen Antrag auf NATO-Mitgleidschaft stellen würden. Es gab seitens der USA weder während des Moskau-Besuchs Clintons noch später eine verbindliche Reaktion. Putin sprach darüber im Mai 2022:
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=DT33wnZ3bno
Es gibt auch ein Video von einem Interview im Jahre 2000, in dem Putin allgemein darauf Bezug nimmt, wie Russland sich die Beziehungen zur NATO vorstellt bzw. worauf Russland großen Wert legt: Gleichberechtigung, Augenhöhe sind dazu die Stichworte. Also genau das, was die USA praktisch niemandem gewähren, da sie ja nach Obama exzeptionell sind mit all den Folgen.
https://www.youtube.com/watch?v=lOtDSHF3UG0&t=85s
Die NATO zieht ihre Existenzberechtigung aus einem Feindbild. Mit der Aufnahme Russlands in die NATO hätte sie diese praktisch sich selbst genommen.
Das ist wohl des Pudels Kern ... die angemaßte Exklusivität der USA und die Servilität ihrer Vasallen gehören radikal überwunden - dann gibt es für die Welt noch eine Chance.
Aber es sieht so aus, als ob wir diese Überwindung gerade miterleben! Die gegenwärtige Krise wird sehr, sehr weitreichende Folgen haben - für die Geopolitik, die Weltwirtschaft und ihr "Schmiermittel", für die Wechselbeziehungen zwischen den Staaten dieser Welt. Das weiß man auch in den USA, daher das verzweifelte sich Widersetzen. Aber wie man sieht, ziehen sogar die US-Geheimdienste nicht mehr blind mit, wenn Biden & Co. jegliche Zurechnungsfähigkeit vermissen lassen.
Die Darstellung und die Analyse der Entwicklung sind – wie immer – zutreffend und messerscharf. Um eine Fortsetzung der Katastrophe zu einer noch größeren zu vermeiden, bleibt nur der vorgeschlagene Weg.
Vor diesem Hintergrund ist es mir unbegreiflich, wie die ARD eine inhaltlich maximal einseitige Sendung mit dem volksverhetzenden Titel "Können wir Krieg?" produzieren konnte. Wie Albrecht Müller auf den Nachdenkseiten berichtet, ging es anschließend ähnlich weiter. https://www.nachdenkseiten.de/?p=95890 Aus Anzahl, Aufbau, Inhalt, Platzierung und visueller Aufbereitung der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg in den Öffentlich-Rechtlichen Medien und der Berichterstattung und Kommentierung in den sog. Qualitäts-Printmedien kann man eigentlich nur schließen, dass wir Deutschen auf eine militärische Auseinandersetzung in den europäischen Nato-Staaten vorbereitet werden sollen. Wie im ersten Kalten Krieg soll Europa der Kriegsschauplatz sein, auf dem weniger unsere Freiheit und unser Leben als der globale Machtanspruch der USA "verteidigt" werden soll. Für renommierte Vordenker amerikanischer Think Tanks, wie beispielsweise George Friedman, gehören Kriege zum "normalen" Leben, sind daher als "normal" zu akzeptieren. – Wir müssen uns endlich gegen diesen Wahn und seine Folgen wehren. Die massenhafte Unterstützung der von Frau Erler erstunterzeichneten Petition ist ein Mittel. Damit ist es jedoch nicht getan. Ein darüber hinausgehendes Engagement ist erforderlich.
Noch ein Wort zu Gerhart Baum. Ob er als Mensch tatsächlich Verehrung verdient, erscheint mir inzwischen recht zweifelhaft. Seine früheren Verdienste für den liberalen Rechtsstaat und die Einhaltung seiner Grundsätze sind nur ein Teil seiner politischen Bilanz. Der andere, neuere, besteht in katastrophalen Wissenslücken, dem Messen mit extrem unterschiedlichen Maßstäben und der daraus abgeleiteten Dämonisierung Putins samt deren Folgen. Baum erweckt den Eindruck eines verbitterten, besserwisserischen, fast schon fanatischen alten "weißen Mannes", dem das seinem Alter gemäße Qualitätsmerkmal "Weisheit" fehlt. Dieses ist beispielsweise dem noch älteren Klaus von Dohnanyi zueigen, der leider viel zu selten öffentlich zu Wort kommt – oder bei dieser Gelegenheit von einer anmaßenden Moderatorin Maischberger übel zensiert wird.
Aufgrund seines Bekanntheitsgrades und seines Ansehens müsste Gerhart Baum zurückhaltend und weise agieren und sich für eine humane und gerechte Lösung des Konflikts einsetzen. Das Gegenteil ist der Fall. Und das ist fatal. Denn wenn eine Frau Baerbock oder ein Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo sich kriegstreiberisch äußern, dann weiß der halbwegs informierte und kritische Leser, was er davon zu halten hat – nämlich nichts. Bei Gerhart Baum ist das anders. Deshalb sind seine Äußerungen zum Ukrainekrieg unverantwortlich und machen ihn zu einer Persönlichkeit, die es nicht verdient, verehrt zu werden.
Russische Untermenschen singen
https://www.youtube.com/watch?v=X__GJAvZ4_M
und hier von der Petersburger Glinka-Schule
https://www.youtube.com/watch?v=EFHQNgO3jTA