Über "Vorfälle", die „deutlich Fragen aufwerfen“
Über Verbrechen gegen die Menschen im Gaza-Streifen
Die Bundesregierung wurde am 23. Juni gefragt, was ihre Prüfung zu etwaigen Völkerrechtsverletzungen Israels im Gaza-Streifen ergab.
Die Lage dort sei „katastrophal“, es müsse mehr humanitäre Hilfe ankommen, lautete eine Antwort.
Nachgefragt, begann der Sprecher des Auswärtigen Amtes wie folgt:
„Es gibt jedenfalls Vorgänge ‑ dazu haben wir uns ja auch schon eingelassen ‑, die deutlich Fragen aufwerfen. Ich erinnere nur an den Tod von Sanitätern. Da gab es ja vor einiger Zeit einen Vorfall….“
Während dieser Pressekonferenz machte die Bundesregierung geltend, dass sie leider über keine eigenen Erkenntnisse verfüge, und die Arbeit von Journalisten vor Ort auch erschwert sei. So sei die Bundesregierung auf Informationen „angewiesen, die uns vorliegen“.
https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/regierungspressekonferenz-2724076
Niemand befragte die Bundesregierung, was diese als „vorliegende Informationen“ betrachte.
Am gleichen Tag berichtete die taz (Eric Bonse), die Außenminister der EU-Staaten hätten sich nicht auf politische Sanktionen gegen Israel einigen können. Deutschland, Österreich und Ungarn seien die Bremser.
https://taz.de/Treffen-der-EU-Aussenminister-/!6092888/
Auch der EU-Gipfel am 26. Juni 2025 änderte nichts an der Lage. Es wird weiter geprüft bis zum Juli. Die EU sparte nicht an Appellen an Israel. Am schärfsten verurteilte sie das israelische Vorgehen im Westjordanland.
Alles, was dazu in jüngster Zeit gesagt oder gar als inakzeptabel bezeichnet wurde, bezog sich auf „einzelne Vorfälle“. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Nun hat ausgerechnet ein israelischer Professor, Yaakov Garb, eine kurze Studie vorgelegt, in der er die neue Form der „humanitären“ Hilfsgüterverteilung im Gaza-Streifen analysiert, die seit Mai unter israelischer Kontrolle erfolgt.
https://dataverse.harvard.edu/dataset.xhtml?persistentId=doi:10.7910/DVN/QB75LB
Aufgrund dieser Studie, die auf Harvard-Dataverse erschien, gab es mediale Berichte über mutmaßlich hundertausende Tote im Gaza-Streifen. France 24 sprach darüber mit dem Studien-Autor. Dieser wird seine Zahlen, die er auf Berichte der israelischen Armee stützte, einschließlich eines Zahlendrehers, korrigieren. Denn dadurch „verschwanden“ etwa 377.000 Menschen in Gaza.
Die mediale Aufmerksamkeit für die hohe Zahl der mutmaßlich Toten (Lancet sprach zuletzt über etwa 180.00 Tote) verdeckte die zwei wesentlichen Befunde der Studie von Garb.
Erstens: Rund 1 Million Palästinenser, die aktuell in Gaza City sind, haben überhaupt keinen Zugang zu den fünf israelischen „Ausgabepunkten" für die „humanitäre“ Versorgung der Menschen im Gaza-Streifen.
Laut jüngstem Bericht der FAO und des Welternährungsprogramm sind alle in Gaza, also 2,1 Millionen Menschen, längst mindestens im Zustand „akuten Hungers“, darunter eine Million in einer extremen humanitären Notsituation (Phase 4). Knapp eine halbe Million ist in der schlimmsten Phase, der Katastrophe der Hungersnot, gefangen.
https://de.wfp.org/stories/die-5-stufen-von-ernaehrungssicherheit-zur-hungersnot
https://www.un.org/unispal/document/fao-and-wfp-early-warning-report-reveals-worsening-hunger-in-13-hotspots-five-with-immediate-risk-of-starvation/
Zweitens: Diese „Ausgabepunkte" folgen keiner humanitären Zielsetzung. Sie sind militärischen Erwägungen untergeordnet.
Die kurze Studie von Garb enthält ein Drittes: Die genaue Beschreibung, wie solche israelischen „Ausgabepunkte“ angelegt sind.
So sieht der Weg zur Ausgabestelle aus, und ich lade Sie ein, ihn heute mit mir zu gehen, in Solidarität mit den vom Krieg geschundenen, den Hungrigen und Verhungernden in Gaza.
Wir laufen. Es gibt keine Straße, keine Gleise.
Wir laufen über Gelände, wo früher Siedlungen standen. Nun ist es Schutt und Geröll, möglicherweise etwas eingeebnet.
Wir kommen zu Einzäunungen, die uns in eine bestimmte Spur zwingen (vgl. Bild 3).
So wie man auf Flughäfen Menschen „kanalisiert“. Nur statt der Hinsteller, die man wegnehmen kann, treffen wir auf Zäune, auf Stacheldraht.
Überall sind Scheinwerfer. Alles ist eingezäunt, verrammelt, verbarrikadiert. Vier bewaffnete Wachposten säumen das Gelände.
Auch die Ausgeber sind bewaffnet.
Nirgendwo ist ein Baum. Nirgendwo findet sich Schatten. Der Sommer ist heiß.
Es gibt keine Toiletten, keine Wasserspender.
Dort warten wir, bis wir an der Reihe sind.
Wer sich nicht fügt oder durchdreht, wer womöglich verdächtig aussieht oder einfach zur „falschen“ Zeit nach etwas Essbarem sucht, wird erschossen.
Stationen für Nahrungsausgabe in Gaza seien ein „Todesfeld“ titelte Haaretz und nahm auf Aussagen israelischer Soldaten Bezug. Sie dürfen auf Unbewaffnete schießen. Eine solche Behauptung sei zutiefst antisemitisch, widersprach der israelische Premier, ebenfalls laut Haaretz. Das sei schändlichste Verleumdung („a blood libel“).
https://www.haaretz.com/israel-news/2025-06-27/ty-article-magazine/.premium/idf-soldiers-ordered-to-shoot-deliberately-at-unarmed-gazans-waiting-for-humanitarian-aid/00000197-ad8e-de01-a39f-ffbe33780000
Es ist eine Tötungsmaschinerie, die nicht selektiert. Nummern gibt es nicht.
Heute sind wir ihr entkommen. Wir schleppen ca. 15 kg kostbares Gepäck, ein bisschen Weiterleben, das wir dorthin tragen, wo wir notdürftig Zuflucht fanden.
Wir werden diesen Weg wieder gehen müssen. Wieder und wieder, immer hungriger, immer entkräfteter, ausgemergelter. Wir werden immer wenigere sein, die aufbrechen, die zurückkehren werden. Solange, bis…
Niemand wird später sagen können, er habe all das nicht gewusst.
Man mag es gar nicht liken, liebe Petra Erler, denn es ist viel zu entsetzlich!
Der Westen leistet weiterhin Beihilfe zum Völkermord https://open.substack.com/pub/freigeist/p/tod-des-werte-westens