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Die hehren Botschaften der Menschheit ins All und die unsägliche Botschaft der Frau Baerbock
Zum engen Horizont der deutschen Außenministerin
Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden die Menschen mit Stöcken und Steinen kämpfen.
Albert Einstein
Im Rahmen von sehr ambitionierten Weltraumprojekten hat die NASA mehrmals eine Art Flaschenpost ins Universum gesandt.
Pioneer 10 und 11, die, wenn alles gut geht, in einer bzw. vier Millionen Jahren andere Sonnensysteme erreichen werden, tragen eine Plakette: zwei nackte Erdenmenschen, Mann und Frau, in friedlicher Gestik. (Anm.: deren Nacktheit führte zu Kritik.)
Die Plaketten enthalten einen Hinweis auf Wasser und auf den Ursprung der Sonden. Eine wissenschaftlich gebildete Zivilisation könnte, so die Hoffnung, die Nachricht verstehen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Pioneer_plaque#/media/File:Pioneer_plaque.svg
Die Voyager-Sonden 1 und 2, die 1977 gestartet wurden, enthalten sehr viel mehr Daten über die Menschheit: Musik, Töne, Bilder, Grüße in verschiedenen Sprachen, die 65 Prozent der Menschheit repräsentierten (u.a. Englisch, Deutsch, Russisch, Ukrainisch aber auch alte Sprachen), eine Grußbotschaft des damaligen US-Präsidenten und des UN-Generalsekretärs sowie den Herzschlag und die Hirnwellen einer Frau, Ann Druyan.
https://en.wikipedia.org/wiki/Contents_of_the_Voyager_Golden_Record
Es war offenbar allen Unterstützern dieser Mission wichtig, nur das Beste der Menschheit zu präsentieren. So traten auch Schöpfungen von Bach, Mozart oder Beethoven ihre Reise in die Weiten des Weltalls an. Der damalige US-Präsident versicherte, aus der heutigen Staatenwelt würde eine globale Gemeinschaft. Nur Ann Druyan schloss in ihre Gedanken auch das große Elend auf der Erde ein.
Während das Team, das heute den Flug der Voyager betreut, derzeit um die Wiederherstellung eines ausgefallenen Systems kämpft (Voyager hat Orientierungsschwierigkeiten) und hofft, dass der Kontakt bis 2027 und darüber hinaus erhalten bleiben möge, ist das Elend, an das Ann Druyan dachte, nicht ausgerottet. Die Familie der Staaten wuchs nicht zu einer Gemeinschaft zusammen.
Nicht, weil es unmöglich wäre, sondern weil die Leitwölfe in Politik, Wirtschaft und Medien sich keinen Deut um unsere Friedensbotschaft ins All scheren. Sie ist ihnen schon auf der Erde herzlich egal. Es gibt immer Wichtigeres, eingesponnen in eine Ideologie von Macht und Geld, von Hass und Überlegenheit. Sie halten sich für den Nabel der Welt und für die alleinigen Macher und Behüter der Geschichte.
An die Botschaften von Pioneer und Voyager musste ich denken, als ich dem Interview von Frau Baerbock mit Paul Ronzheimer (BILD) zuhörte. Sie ist keine Leitwölfin, sie ist Teil des Rudels. Ihr Kompass ist weder auf andere Welten gerichtet noch auf die Zukunft dieser Welt. Er zeigt auch nicht auf Deutschland. Er zeigt allein auf sie: Was sie empörend oder was sie richtig und falsch findet, von welchen Sätzen sie glaubt, dass sie ein Publikum finden.
So plapperte sie munter durcheinander, von deutscher „Notlage“, die aber nicht so schlimm ist wie die russische. Nach ihrer Weltsicht hat Putin sein Land „mittel- und langfristig“ zum Untergang verurteilt und wäre schon gestürzt worden angesichts der „Zahlen“, wäre Russland eine Demokratie.
Sie ist eine Predigerin der „Verteidigung internationaler Regeln“ und verschweigt, dass die westliche Sanktionspolitik nicht Teil des UN-Regelwerks ist.
Sie beklagt durchaus eine mangelnde Öffentlichkeit für das Leiden der Ukraine, aber rührt keinen Finger, um es zu beenden. Mehr Waffen sollen es richten.
Zum Zeitpunkt des Interviews waren bereits die Grundzüge der Einigung über Getreidelieferungen aus der Ukraine und aus Russland bekannt. Der Westen wird seine Sanktionen ändern müssen, damit die russischen Getreidelieferungen Fahrt aufnehmen können. Die ukrainischen Exporte sind wichtig für die Ernährungslage der Welt, die russischen noch wichtiger. Das weiß möglicherweise auch Frau Baerbock, aber für sie ist trotzdem Putin an allem Schuld.
Weniger lange duschen, weniger Autofahren sind für Frau Baerbock solidarische Aktionen „kleiner“ Leute, so, als hätten wir alle bis gestern planlos Energie verschwendet.
Dass es sich bei alledem um Folgen missglückter deutscher (bzw. transatlantischer) Politik handelt, kommt ihr offenbar nicht in den Sinn. Denn so etwas denkt ja nur Putin.
Und ich ertappe mich dabei, dass ich Frau Baerbock von Pioneer und Voyager erzählen möchte, weil die eine Hoffnung in sich tragen; dass ich mir wünsche, sie würde wenigsten Ansichten von Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis nehmen, die nicht zum Kreis der NATO-Partner gehören. Damit sich der Horizont erweitert.
Ganz unbescheiden würde ich ihr raten wollen, etwas kritischer auf die Ukraine zu schauen und ein wenig freundlicher auf Russland, und sich zu fragen, wieviel menschliches Leid sie Willens ist, im Namen einer „regelbasierten“ Ordnung zuzulassen.
Ich würde zu gerne von ihr wissen wollen, worin das „Regelbasierte“ einer Ordnung besteht, die sich der Westen selbst erschuf, und in der jede Handlung des amerikanischen Leitwolfs und seiner jüngeren europäischen Brüder sich selbst legitimiert. Nachahmung ist unter Strafe verboten. Da wird das Rudel wütend.
Wie entsetzt sind Sie, liebe Frau Baerbock über die anhaltende US-Okkupation eines Teils des Staatsgebietes von Syrien (dort, wo es Öl und fruchtbare Böden gibt), über den Krieg im Jemen, oder die Vorgänge in Äthiopien? Wo bleibt deren schärfste Verurteilung?
So wie die Lage ist, hat Eskalation nach wie vor Vorfahrt und mehr als einem juckt es in den Fingern, sich in den Dritten Weltkrieg zu stürzen.
Leider haben wir kein spezielles Bodenteam, dass das als schwerwiegenden Funktionsfehler begreift, den man dringend reparieren muss.
Also werden wohl die vielen „kleinen Leute“, auf die sich Frau Baerbock so gerne beruft, die Sache in die Hand nehmen müssen.
Bereits 2017 hieß es in der Schlusserklärung zur „Weltuntergangsuhr“
„Wise public officials
should act immediately, guiding humanity away
from the brink. If they do not, wise citizens must
step forward and lead the way.
Übersetzung
Weise Politiker sollen unverzüglich handeln und die Menschheit vom Abgrund wegführen. Wenn sie das nicht tun, müssen weise Bürger vortreten und anführen.
Die hehren Botschaften der Menschheit ins All und die unsägliche Botschaft der Frau Baerbock
Sehr schön, der Blick auf die Menschenbilder, die ins All hinaus vermittelt werden sollen. Das jagt mir schon einen Schauer über den Rücken, zu bedenken, wie Wunsch und die Realität klaffen, aber auch, dass die Botschaften nach dort draußen für die Hoffnung stehen, dass der Mensch dem Bild entspräche. Was er ja auch tut, wenn er es denn will.
Gut geschrieben wieder, elegant (ich weiß jetzt kein besseres Wort, es ist mir selbst zu glatt) verknüpfte Bezüge und kritische Sichten, direkt auf den Punkt gebracht.
Ich lese den Beitrag als Appell, sich mutig und couragiert als Bürger seiner/ihrer demokratischen Kraft bewusst zu werden und nach bestem Wissen und vor allem GeWissen sich für Frieden einzusetzen. Und nicht nur dafür, für eine faire und sozial gerechte Welt- und Nationalwirtschft. Viele Gedanken schließen sich nach diesem Beitrag in mir an und auf. Und ich merke, wie begrenzt ich selbst sowieso noch, mit Blick auf Wissen und Wege, aber auch schon bin, indem ich mich selbst zensiere. - Ich lasse das alles mal sacken. Dankbar für Deinen Mut, liebe Petra Erler. Erschrocken zugleich, dass ich diesen und ähnliche Beiträge schon als "mutig" empfinden muss. Wie groß also ist dann schon das Reglement der Angst.
Ich hab vor Jahren gesagt, diejenigen im Lande, die wirklich das Potenzial haben, etwas zu verändern, sind die damals 50- jetzt etwa 60jährigen. Plus/minus 10 Jahre. Sie haben sich beruflich etabliert oder ausprobiert und weitestgehend emanzipiert (bei weitem nicht alle, ich weiß) und vor allem lassen sie nicht mehr jeden Murks mit sich machen. Sie erkennen die Zeichen unsinniger Entscheidungen, destruktiver Verhaltensweisen und kennen die Formen der Unterdrückung - sie können sich stark machen, sind diplomatisch und haben verschiedenen Strategien im Leben erprobt, sich für sich und andere einzusetzen. Sie haben fachliche und soziale Erfahrungen, auf die man zurückgreifen sollte und muss. Aber ihre geringere Manipulierbarkeit bewirkt wahrscheinlich, dass sie auf dem "Markt" nicht so wohlgelitten sind und schnell als altes Eisen auf die Halde abgeschoben werden. An Motivation und Leistungsfähigkeit liegt es nicht. Aus meiner Berufserfahrung weiß ich, dass Angehörige der Altersgruppen der heute 50 bis 70-jährigen oft länger und härter durch Personalmangelkrisen und strukturelle und persönliche Schwächezeiten durcharbeiten, als mancher der jungen "Garde". Inzwischen sage ich aber, es sind jetzt vor allem die Rentner, die Pensionäre, die den Mut und die Courage mitbringen, sich einzusetzen - weil sie weniger zu verlieren haben. Diejenigen Politiker, Ärzte, Wissenschaftler, die sich wirklich klug und couragiert kritisch äußerten, sind oft pensionierte Menschen und mit langjährig erprobter Kompetenz ausgestattete Fachleute.
Aber zurück zum Beitrag:
Ja, welche Regeln legt man denn der "regelbasierten" Ordnung zugrunde? Das würde mich auch bitte sehr interessieren. Wie wurden sie vereinbart, mit wem, wo stehen sie geschrieben die besagten Regeln, und wie und womit werden sie eingehalten und von wem für oder gegen wen? Und Kraft welcher Wassersuppe unterstellt man anderen Ordnungen, sie seien nicht regelgeleitet. Als gäbe es nicht verschiedene, sondern nur unsere (wer genau ist das? mit welchen Interessen?) Regeln oder keine.
Gorbatschows einstiger Appell für Transparenz und gesellschaftlichen Umbau fällt mir oft ein. Ökologische und Friedenspolitische Ansätze überhaupt der letzten 40 -50 Jahre. Aus gehabtem schaden waren wir mal klug, gezogene Lehren aus Kriegen und totalitären Strukturen bewegten viele und vieles. Es gab so viele vernünftige Ideen in unserer Lebensspanne, an die man längst anknüpfen muss und kann. Goldstaub für gesellschaftliche Entwicklungen. Das alles scheint mir, wird wie in einer Art absichtlicher Amnesie ausgelöscht aus dem kollektiven Gegenwartsgedächtnis. Das kommt mir sehr amerikanisch vor. So eine absolute Hier-und-Jetztbezogenheit, die das was grad die kollektive Aufmerksamkeit dominiert zum Immerbestehenden erhebt. Das macht auch manipulierbar. Als sicher hinkender Vergleich fällt mir ein, einem Demenzkranken kann man auch schnell etwas auf das Jetzt bezogene vermitteln, oder einreden schlimmstenfalles, um ihn zu lenken, zu beruhigen, oder um selbst seine Ruhe zu haben, weil der Mensch mit Demenz dankbar ist, wenn jemand die Gedächtnislöcher, die beängstigenden Momente in denen er geistig-seelisch und gedanklich ins Leere greift, wenn jemand das also mit Sinn und Deutung und mit einer Richtung füllt. Nun will ich hier niemanden als dement bezeichnen, aber auch Angst verengt den geistigen Spielraum, und das Erinnern, vor allem, wenn von allen erdenklichen medialen Seiten kaum noch Fragen gestellt werden, die den Fokus verändern, größer ziehen und/oder zu Perspektivwechseln auffordern und im Gegenteil Menschen die das tun, abgewertet und medial geächtet und somit gesellschaftlich isoliert werden. Wie lange so etwas noch gut gehen kann, weiß ich nicht. Das menschliche Gewissen, der innere Kompass für das was sinnvoll, hilfreich, mitmenschlich ist, der kann zwar kurzzeitig abgelenkt und manipuliert werden, wird aber nie ganz versiegen. Daran knüpfe ich Hoffnung. Hybris führte immer irgendwann zum Kippen.
... - worauf will ich hinaus mit diesem Gedankenschwall: dass wir uns mit Courage und Authentizität, mit dem Hören auf die leisen Stimmen, vielleicht wirklich davon bewahren können, in dystopische Verhältnisse gebracht zu werden und zu geraten. Jeder nach bestem Wissen und Gewissen... ??
Jetzt will ich mir dieses Interview Bild-Baerbock anhören, auch wenn ich mir gut vorstellen kann, wie es mir dabei gehen wird. https://www.youtube.com/watch?v=Ly37Y5mbp1g
Oh je. - Weisheit geht anders.
Ist die deutsche Sprecherin des US-Außenministeriums ;-) die ihr gewidmete Aufmerksamkeit wert?
Kurz nachdem sie sich in dieses Amt gedrängt hatte und für diesen Ego-Trip nebenbei ihrer Partei das Verkehrsministerium aus der Hand geschlagen hatte, hörte ich im Radio ein Interview mit einer hochrangigen Vertreterin der SWP. Auf die Frage ob mangelnde Kenntnis und Erfahrung nicht hinderlich in dem Amt seien, kam die Antwort, das wäre kein Porblem, denn sie habe ja gute Berater(innen). Immerhin sorgen diese Berater für ein paar hübsche Pressefotos, z.B. wie sie barfuß am Strand eines pazifischen US-Stützpunkts ihren ökologischen Fußabdruck hinterlässt [1].
Aber als ich dann die Meldung "Baerbock provoziert China" (sic!) las [2], dachte ich spontan, dass die Beaterinnen auch nicht immer aufpassen können. Anscheinend meint sie, wir könnten bei der Energiewende nicht nur auf russisches Gas verzichten, sondern auch auf chinesische Solarpanels und Elektronikkomponenten. Ein Blick ins "Blättchen" [3] und ein Interview mit Bütikofer belehrte mich dann aber, dass eine Konfrontation mit China vermutlich auch im Dunstkreis ihrer Berater für eine gute Idee gehalten wird.
Das legt ein Gedankenexperiment nahe: Angenommen, es käme eine kluge Person in dieses Amt, in der Lage Interessen zu erkennen und zu benennen, mit diplomatischem Geschick und dem Willen, das Schlimmste zu verhindern. Könnte sie den Beraterstab anders ausrichten? In welchem Zeitraum? Dürfte sie Beraterinnen austauschen? Ohne die Zuarbeit eines Stabs kommt ja niemand in dem Amt aus.
[1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/annalena-baerbock-auf-palau-warten-bis-das-meer-kommt-a-19bec8a3-595e-4fbd-94ae-24443e0ccf4e
[2] Der Titel "Baerbock provoziert China" wurde inzwischen geändert in "Baerbock legt sich mit China an". Anscheinend war bei der ersten Version "der Zensor pinkeln" wie der Blogger Fefe sagen würde: https://web.de/magazine/politik/baerbock-legt-china-protest-taiwan-aeusserungen-37162316
[3] https://das-blaettchen.de/2022/07/fdp-auf-gefaehrlichem-kurs-62458.html